Windkraft

Alwin und Alwine dürfen sich weiter drehen

Alwine ist zwei Jahre jünger als ihr „Bruder“ Alwin. Dafür ein wenig „dicker“. Die beiden produzieren ohne zu murren zusammen eine Jahresleistung von 1,2 Millionen Kilowattstunden (kWh) Grünstrom – doch eigentlich wäre damit nach der kommenden Jahreswende Schluss.

Wanderwege: Der sechs Wanderetappen umfassende „Wiedweg” führt ebenso an Alwin und Alwine vorbei wie der „WesterwaldSteig”. Die Quelle der Wied, der von hier dem Rhein entgegen fließt, ist keine drei Kilometer von der Erhebung entfernt.

Schuld ist daran ausnahmsweise einmal nicht „Corona“, sondern die Neufassung des EEG (siehe Seite 2). „Dadurch wird die gesetzliche Einspeisevergütung wegfallen. Und der Preis von 9,1 Cent, den wir bisher je Kilowattstunde bekommen haben, würde nach dem 31. 12. auf unter vier Cent fallen!“, erläutert Marvin Schnell. Dann, so der Geschäftsführer der Bürgergesellschaft „Alternative Energie Kroppacher Schweiz“ (AEKS) weiter, seien die Wartungs- und Betriebskosten jedoch höher als der Ertrag, die Windmühlen müssten aus wirtschaftlichen Gründen abgeschaltet werden.

Ein Schicksal, das gerade vielen Altanlagen im Bereich der Windenergie widerfährt. Dabei sind diese häufig tadellos in Schuss – so wie im Fall von Alwin und Alwine: Die 1998 beziehungsweise 2000 errichteten Anlagen vom Typ „Enercon E-40“ drehen sich weiterhin Tag für Tag ohne Fehl und Tadel auf ihren 65 Meter hohen Türmen auf dem Gräbersberg. Alwin leistet dabei 500 Kilowatt (kW), Alwine 600, und so produzieren die 40 beziehungsweise 44 Meter durchmessenden Rotoren Strom für etwa 375 „Durchschnittshaushalte“ im Westerwald. Nebenbei werden circa 1.200 Tonnen CO2 eingespart – Jahr für Jahr, das sich die Windräder weiterdrehen.

Die Standsicherheit solcher Anlagen wird zunächst auf 20 Jahre ausgelegt, danach muss sie überprüft werden. Das haben die über dem in der Verbandsgemeinde Hachenburg gelegenen Dorf Alpenrod arbeitenden Kraftwerke bestens bestanden: Ihre Gesamtnutzungsdauer wurde von den Fachleuten als „größer 40 Jahre“ beziffert. Zwischen eineinhalb und zwei weiteren Jahrzehnten können die Anlagen mithin weiterhin sauberen Strom produzieren. Warum also abschalten?

„Es ist ja nicht nur der Wegfall der Einspeisevergütung“, erklärt Marvin Schnell. „Während das Prüfintervall bei jüngeren Windrädern vier Jahre beträgt, ist es nach 20 Jahren auf zwei verkürzt.“ Jeder Check, so der Geschäftsführer der Bürgerenergiegesellschaft, koste 3.000 Euro – viel Geld für den Zusammenschluss von „Wällern“, die hier in ihrer Heimat nur eines mit den Anlagen erreichen wollten: Grünstrom produzieren und so Umweltschutz betreiben, wie Schnell betont. Da aufgrund des Alters außerdem der Wartungsvertrag für die „Enercon“ endet, kommen hier auf die Bürger-Windmüller weitere, beträchtliche Kosten zu – die bei einem zu geringen Kurs für die Kilowattstunde nicht mehr gedeckt wären.

Tafel: Eine Infotafel der Bürgerenergiegesellschaft informiert vorbeikommende Wanderer, was es mit der Energiegewinnung auf sich hat.

„Man kann den Strom nach Ende der festen Einspeisevergütung nur noch über die Börse zum Marktwert absetzen“, ergänzt Marvin Schnell. Doch der schwanke: Im Februar 2020 lag er zum Beispiel einmal bei nur 1,6 Cent je Kilowattstunde – zu wenig für die Wäller. „Deswegen ist uns ein fixer Betrag erheblich lieber. Da kann man dann kalkulieren“, hebt der AEKS-Geschäftsführer hervor, der dafür Sorge tragen muss, dass das Geld der am Energieprojekt auf dem Gräbersberg Beteiligten gut angelegt ist.

Eine neue Kooperation mit MANN Naturenergie verhindert nun, dass Alwin und Alwine (die richtigerweise eigentlich ALWIN und ALWINE geschrieben werden, was für „ALpenroder WINdenergieanlage“ steht) ab dem kommenden Jahr stillstehen: Der Westerwälder Energielieferant nimmt der AEKS den Strom ab, den Alwin und Alwine auch weiter liefern können, und vergütet zum Fixpreis. Das Risiko schwankender Marktwerte ist für die AEKS damit eliminiert, und ihre Energie entsteht weiterhin 100-prozentig nachhaltig.

Das ist kein unwesentliches Detail. Denn viele als „Öko-Strom“ beworbene Produkte auf dem Energiemarkt sind in Wahrheit nur kaufmännisch-bilanziell „Öko-Strom“, aber kein „physikalisch gekoppelter“. „Bei ‚gekoppeltem‘ Strom kauft der Energieversorger tatsächlich ‚grüne‘ Elektrizität aus einer erneuerbaren Erzeugungsanlage ein – so wie MANN jetzt von der AEKS“, schildert Markus Mann, Geschäftsführer von MANN Naturenergie. Beim „fiktiven“ Öko-Strom hingegen werde die Strommenge unabhängig vom Zertifikat „Öko“ gehandelt. „Die Energie darf sogar aus einem konventionellen Kraftwerk stammen – und der Versorger kauft lediglich im selben Umfang Herkunftsnachweise ein und kann seinen Strom mit diesen Zertifikaten zu ‚Öko-Strom‘ erklären, selbst wenn er mittels Kohleverstromung erzeugt wurde!“, schüttelt Mann den Kopf.

Vereinbarung: Marvin Schnell (links) von der AEKS und Jörg Thielmann von MANN schauen die Kooperationsvereinbarung noch einmal an. (Fotos: Schmalenbach)

Die fortgesetzte Nutzung von Alwin und Alwine ist nach seiner Überzeugung zudem aus einem weiteren Grund eine Sache, für die es sich einzusetzen lohnt: „Wir sind heute eine unglaubliche Wegwerfgesellschaft geworden. Repariert wird nicht mehr, und sogar vieles, das tadellos in Schuss ist und weiterhin funktioniert, wird einfach ausrangiert und durch ein neues Model ersetzt – vom Smartphone bis zum Flachbildfernseher, obwohl die Vorgängermodelle top in Ordnung sind“, führt Markus Mann aus.

Der Weiterbetrieb der Windkraftanlagen über Alpenrod, die, wie geschildert, noch viele Jahre echten Grünstrom produzieren können, ist daher zugleich ein Stück gelebter Nachhaltigkeit.

Uwe Schmalenbach

Tausenden Anlagen droht der Stillstand

Im Jahr 2000 trat erstmals das „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG) in Kraft, das regenerative Energietechnologien wie Photovoltaik und Windkraft vorantreiben sollte. Erreicht wurde dies durch spezielle Förderungen, die auf 20 Jahre begrenzt waren. Nun verlieren zum Jahresanfang 2021 zahlreiche Besitzer von Anlagen zur Grünstromerzeugung ihre Vergütung, davon betroffen sind auch mehrere Tausend Windenergieanlagen.

Viele Windkraft-Betreiber haben vergeblich gehofft, dass mit der jüngsten Neuauflage des EEG effektive Anschlusslösungen für Altanlagen präsentiert würden. Doch auch in der im Herbst verabschiedeten Novelle des bereits mehrfach neuaufgelegten Gesetzes bleiben Regelungen für Bestandsanlagen offen.

Durch den Wegfall der Vergütung gibt es nun drei Szenarien: Entweder werden die „grünen Stromerzeuger“ komplett stillgelegt, weiterbetrieben oder einem „Repowering“ unterzogen. Davon spricht man, wenn Altanlagen auf bestehenden Flächen durch neue, leistungsstärkere Turbinen ersetzt werden. Das ist aber technisch und baurechtlich längst nicht überall möglich.

Der „Bundesverband WindEnergie“ (BWE) weist darauf hin, dass es notwendig sei, dass effiziente und leistungsstarke Anlagen errichtet werden und für Bestandsanlagen Sofortmaßnahmen erfolgen. Auch die „Fachagentur Windenergie an Land“ (FA Land) warnt in einer Studie vor der drohenden Stilllegung zahlreicher Anlagen im kommenden Jahrzehnt.

Energiehunger: Unser Energiehunger hat immer größere Ausmaße - auch im häuslichen Bereich. So verbraucht ein Kaffeevollautomat schnell 1.500 Watt und mehr. (Foto: Adobe Stock)

Denn die Folgen werden voraussichtlich drastisch sein: Die Fachagentur hat ermittelt, dass bundesweit insgesamt 4.737 Windenergieanlagen Ende 2020 ihre EEG-Förderung verlieren; das betrifft eine installierte Leistung von 3.547,3 Megawatt (MW). Allein in Rheinland-Pfalz widerfährt es 190 Anlagen und damit einer installierten Leistung von 145 MW. In Hessen verlieren wiederum 225 Windturbinen den Vergütungsanspruch, was eine Leistung von 145 MW ausmacht. Besonders schwerwiegend sieht es wegen der Küstenlage und der dort zahlreichen Anlagen in Niedersachsen aus: 1.360 Altanlagen, damit eine Leistung von 1.045 MW sind in dem Bundesland vom Förderende betroffen!

Die Fachagentur Windenergie an Land weist bereits in ihrer 2018 erschienenen, vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Studie „Was tun nach 20 Jahren? Repowering, Weiterbetrieb oder Stilllegung von Windenergieanlagen nach Förderende“ darauf hin, dass insbesondere der sichere Anlagenbetrieb und die Standsicherheit der „grünen Stromerzeuger“ Voraussetzung für den Weiterbetrieb einer Altanlage seien. Zudem sei ein schwieriges Marktumfeld für die nicht geförderte Stromerzeugung in bestehenden Windturbinen zu erwarten. Dies, merken die Experten an, ließe sich jedoch durch politische Maßnahmen verändern, etwa durch die Einführung eines Mindestpreises für Kohlendioxid-Emissionen der Stromerzeugung oder die Stilllegung von CO2-intensiven Kohlekraftwerken.


Kommentar:
Kohle- und Atomstrom werden weiter protegiert

Das EEG ist aus meiner Sicht eine geniale Idee. Denn jahrzehntelang hatte die Politik nur Atom- und Kohlekraftwerke auf der Prioritätenliste. Ohne das EEG hätten die „Erneuerbaren“ nie ihren Durchbruch geschafft. Perfekt sind die Bedingungen auf dem Energiemarkt damit jedoch noch nicht.

Mit der Schaffung des Gesetzes erhielt Energie aus erneuerbaren Quellen einen Einspeisevorrang, ihre Produzenten bekamen außerdem eine gesicherte Vergütung. Deswegen wurden ab da immer mehr Anlagen zur Erzeugung von Öko-Strom errichtet, was wiederum zu einer Kosten- und Preissenkung in diesem Bereich führte, mithin Sonne-, Wasser-, Wind- und Bioenergie zum weltweiten Durchbruch verhalf.

Jetzt sind die Erzeugungsanlagen der Pioniere am Ende der garantierten Vergütung. Doch viele dieser „Altanlagen“ sind erheblich zu „fit“ für einen Abriss. Ohne fixe Preise für den grünen Strom allerdings ist ihr Weiterbetrieb oft zu aufwändig und kostenintensiv in der Unterhaltung, um gegen die weiterhin protegierten Kohle- und Gaskraftwerke an der Strombörse bestehen zu können. Denn volkswirtschaftliche wie Umwelt-Schäden und die Risiken von Kohle- und Atomstrom wurden auf die Allgemeinheit umgelegt und schädliches CO2 als Abfall kostenlos in die Atmosphäre entlassen – ohne, dass der Preis konventionellen Stroms das widerspiegeln würde.

Braunkohlekraftwerk: Hier im Kraftwerk Niederaußem (Rhein-Erft-Kreis) wird Braunkohle verfeuert um Strom zu erzeugen. Kritiker weisen darauf hin, dass die resultierenden Umweltschäden sich nicht in der Preisgestaltung wiederfinden, da der einhergehende CO2-Ausstoß so günstig möglich sei. (Foto: Welter)

Mehr noch: Durch die großzügige Vergabe von viel zu billigen CO2-Zertifikaten an Betreiber von Kohle- und Gaskraftwerken wird die Begünstigung alter Energiequellen fortgesetzt. Projekte wie das „zweite Leben“ für Windräder wie Alwin und Alwine (siehe: „ALWIN UND ALWINE DÜRFEN SICH WEITER DREHEN”) steuern hier gegen. Und die Kunden von MANN Naturenergie helfen durch ihren Bezug von echtem Ökostrom mit, dass Energiepioniere wie die AEKS ihre umweltschonenden Initiativen fortführen können. - Markus Mann

 

Uwe Schmalenbach

Wir haben die Chance, uns zu verbessern

Ein Großteil der Ablehnung von Elektromobilität beruht auf Vorurteilen. Als Experte für Energie-, Klima- und Kältetechnik sowie Energiewirtschaft beschäftigt sich Professor Dr. Ralf Simon, Lehrender an der Technischen Hochschule Bingen, mit Elektromobilität. Mit seinem Beratungs-Unternehmen „Simon Process Engineering“ GmbH (SiPE) bietet er unter anderem Softwareentwicklung und energiewirtschaftliche Analysen, auf die auch MANN Naturenergie setzt. Im Interview gibt der Fachmann Einschätzungen zu Problemen und Lösungsansätzen.

Kohle- und Atomstrom relativieren die Ökobilanz des E-Autos. (Foto:Pixabay)

Professor Dr. Ralf Simon lehrt an der Technischen Hochschule Bingen. (Foto: Privat)

Viele Menschen befürchten bei der Umrüstung auf E-Mobilität strukturelle Schwächen: Eine häufig diskutierte Sorge ist, dass es nicht genügend Lademöglichkeiten geben könnte, sollten plötzlich sämtliche Menschen E-Autos kaufen. Stimmt das?

Nein, ganz sicher nicht. Man muss allerdings zwischen Stadt und Land unterscheiden: In der ländlichen Region kann ich zu Hause noch eher aufladen. In der Stadt, wo ich etwa in einer Mietwohnung lebe, kann es mit einem Elektroanschluss schwieriger sein. Aber es werden sehr viele Ladesäulen gebaut, es gibt reichlich Förderprogramme für die Ladeinfrastruktur. Einige Firmen bauen ebenso auf ihren Parkplätzen aus. Ich sehe zum Beispiel, dass Handelsketten sich mit Ladesäulen ausstatten. Da passiert also einiges. Man muss zudem den Gleichzeitigkeitsfaktor und das Lastmanagement berücksichtigen.

Was versteht man darunter?

Lastmanagement bedeutet im Grunde, dass man die Stromlast sinnvoll verteilt: Die meisten Leute ziehen den Strom für ihr Auto, bevor sie zur Arbeit fahren oder wenn sie abends nach Hause kommen. So muss bedacht werden, dass Ladesäulen oft gleichzeitig genutzt werden – das ist wiederum der Gleichzeitigkeitsfaktor (siehe Kasten). Plant man große Parkhäuser mit 200 Ladesäulen, entsteht da eine Netzlast, die – wenn man es falsch macht – wirklich sehr hoch sein kann. Weil sehr viel Strom gleichzeitig gezogen wird und viele Autos gleichzeitig getankt werden wollen.

Ihre Firma entwickelt Softwares für effiziente Energiemanagementsysteme. Auch bei MANN wird eine solche genutzt. Wie sieht diese Lösung im gewerblichen Bereich aus?

Dazu misst man die Leistung, die über das Netz bezogen wird, etwa die Ladesäulen der Firma MANN. Geschäftsführer Markus Mann achtet auf die Lastspitze, eine kurzzeitig auftretende, hohe Stromnachfrage, die er teuer bezahlen muss. Entsprechend hat er natürlich ein Interesse daran, diese Spitze zu begrenzen. Dies führt immerhin auch zu einer Verbesserung der Effizienz des Gesamtnetzes, weil insgesamt weniger Strom zur gleichen Zeit bezogen wird. Dafür setzt Markus Mann die Software ein: Man macht mit ihr eine Prognose, wie sich die Lastspitze verändern wird. Wenn es „kritisch“ wird, wird Last abgeworfen, es werden also Verbraucher herausgenommen. Das ist bei MANN zum Beispiel irgendeine Presse im Pelletwerk oder auch eine Ladesäule, die dann mal für zwei, drei Minuten aussetzt. Leistung wird also reduziert oder begrenzt. Man bekommt so schon die Batterie seines Elektroautos voll, der Ladevorgang dauert dann nur ein bisschen länger.

Lässt sich dieses Prinzip auch ähnlich auf eine Innenstadt-Infrastruktur übertragen?

Nehmen wir das Beispiel Parkhaus: Wenn ich mein Auto da lasse, um zu arbeiten, dauert das ja üblicherweise länger als zwei Stunden, da spielt dieses zeitliche Verschieben überhaupt keine Rolle. Und wenn man als Kurzzeitparker kommt, muss man entsprechend schneller bedient werden, als jemand, der acht Stunden steht. Bei letzterem wird die Leistung gedrosselt. Die Lösung der „Überlastung“ ist immer ein durchdachtes Vorgehen. Das Lastmanagement läuft somit über ständiges Überwachen, Analysieren und Prognostizieren.

Nun ist nicht jedes E-Auto gleich. Müssten für eine funktionierende Ladeinfrastruktur nicht öffentliche Ladestationen mit allen Modellen kompatibel sein?

Ich denke, da ist schon viel passiert. Sie können mit jedem Auto an Ladesäulen ran. Ja, man muss sicherlich einen Adapter im Kofferraum mitführen, aber das sollte eigentlich kein Problem sein.

Was ist mit der Abrechnung? Eine Untersuchung der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ergab kürzlich, dass der durchschnittliche Fahrer bis zu sechs verschiedene Lade-Apps, fünf Ladekarten sowie weitere elektronische Zahlungsmittel wie PayPal und Kreditkarten verwendet...

An der Stelle muss ich ganz klar sagen: Da haben wir ein echtes Problem, das stimmt! Mein Schwiegervater ist 80 Jahre alt. Für ihn wäre ein Elektroauto sogar genau das Richtige, da er eh nur Kurzstrecken fährt. Aber mit dem „Tanken“ käme er nicht klar. Das ist viel zu kompliziert. Da ist also allein die ältere Generation meiner Meinung nach schon sehr überfordert.

Was könnte man dagegen tun?

Das kann ich schwer sagen. Da hat sich noch kein Verfahren so richtig durchgesetzt. Aber wenn wir ein bisschen geduldig sind, wird das noch geschehen. Ich denke, der Markt wird das schon richten.

Halten Sie es für realistisch, dass tatsächlich mehr Menschen Elektroautos kaufen, wenn es nur mehr Ladesäulen gibt? Oder muss es noch weitere Anreize geben?

Das ist eine Phase, bei der man vielleicht einfach noch ein bisschen die Entwicklung abwarten muss. Die Autos kommen ja jetzt erst so richtig. An der A8 bei Augsburg gibt es ein Projekt, bei dem 300 Ladesäulen gebaut werden. Interessanterweise ist das eine Raststätte, die ein bisschen wie ein „Einkaufszentrum“ funktioniert. Es gibt viele Ansätze, mit denen das Thema Elektromobilität verknüpft werden kann. Bei einer Handelskette wurden Ladesäulen kürzlich direkt neben der Cafeteria gebaut, so dass dort unter Umständen vielleicht mehr Umsatz gemacht werden kann. Das Ganze hat auch etwas mit einem Geschäftsmodell zu tun, mit Zusatznutzen.

Eine vollständige Umstellung auf Elektromobilität würde den Strombedarf bei uns zulande extrem erhöhen. Reichen hier erneuerbare Energien, um diesem enormen Bedarf überhaupt gerecht zu werden?

Die Elektromobilität ergibt umweltpolitisch nur Sinn, wenn wir auch grünen Strom nutzen, ganz richtig. Wir müssen daher die erneuerbaren Energien ausbauen, und da stockt es gerade noch gewaltig. Gerade im Windkraftbereich ist der Ausbau völlig zum Erliegen gekommen. Wir haben an der Stelle doch wirklich ein Problem. Wenn wir jetzt schlagartig alles auf E-Mobilität umrüsten würden, würde es nicht reichen. Wir müssen daher über die Zeit spielen und dafür sorgen, dass etwa Windkraft ausgebaut wird und Anlagen weiterlaufen können.

Erneuerbare Energien wie die Windkraft müssten ausgebaut werden, damit Elektromobilität wirklich “Sinn ergibt”, erläutert Ralf Simon. (Foto: Pixabay)

Zurück auf die Straße: Die Relevanz der Stromart fängt schon bei der Herstellung des Autos an. Wenn im Werk, das die Batterie produziert, Atom- oder Kohlestrom genutzt wird, kann doch kaum mehr von Klimaschutz gesprochen werden, oder? Ebenso daheim: Wenn ich mein E-Auto in der Garage an die Steckdose anschließe und den hierzulande üblichen Strommix inklusive Atom- und Kohlestrom verwende – ist die Bilanz des E-Autos dann trotzdem noch wertvoll?

Sie wird immer wertvoller! Wir haben beschlossen, aus der Atom- und Kohlekraft auszusteigen, und diese Richtungen sind wichtig. Aber ja, das könnte natürlich schneller passieren. Sicher gibt es stets Kompromisse. Doch wir haben die Chance, uns zu verbessern und unsere erneuerbaren Energien weiter zu entwickeln.

Das E-Auto steht immer wieder auf dem Prüfstand. Kritiker weisen häufig darauf hin, dass für die Herstellung Rohstoffe benötigt werden, die in fragilen Ökosystemen gewonnen werden. Gleichfalls wird bei der Herstellung der Batterie viel CO2 produziert. Wie bewerten Sie das?

Kritisch ist das, ja. Zum Beispiel, wenn Cobald in Zentralafrika gewonnen wird. Das ist sicherlich ein Problem – mittlerweile gibt es aber ebenso cobaldfreie Batterien. Die Ressource Lithium ist vorhanden, auch noch für lange Zeit. Natürlich ist diese Gewinnung in manchen Gebieten – Peru zum Beispiel – gleichfalls schwierig, das muss man ganz offen sagen. Aber es gibt noch viele Potenziale, die man untersuchen muss.

Können Sie eines nennen?

Ich habe zum Beispiel gehört, dass in der Erdwärmenutzung eine Lösung gesucht wird. Dass es in dem Wasser, das man aus 2.000 Meter Tiefe hochpumpt, jede Menge Lithium geben könnte. Es ist auf jeden Fall notwendig, dass man mit der begleitenden Forschung zur Optimierung weitermacht. Es gibt dadurch schon einige bedeutende Fortschritte, was den Energieaufwand zur Herstellung von Batterien oder die Batterieleistung selbst betrifft. Batterien sind bereits weitaus entwickelter als noch vor fünf Jahren. Es hat sich eindeutig vieles getan, und es wird auf jeden Fall noch weitere Verbesserungen geben, da bin ich ganz, ganz sicher!

Was sagt der Wert aus?

Wenn eine Ladeinfrastruktur geplant werden soll, ist es sinnvoll, den Gleichzeitigkeitsfaktor zu ermitteln. Doch was ist dies überhaupt für ein Wert? Der Gleichzeitigkeitsfaktor ist ein auf Erfahrungen beruhender Schätzwert, mit dem bestimmt wird, wie stark ein System ausgelastet werden wird. Er wird ermittelt, um ein System passend zu dimensionieren. Dieser auch „Bedarfsfaktor“ genannte Wert berücksichtigt, dass Geräte im Allgemeinen nie alle gleichzeitig und außerdem in voller Leistung eingeschaltet sind.

Uwe Schmalenbach

Lösungen für eine komplexe Thematik

Das „coronabedingt“ beschlossene Konjunkturpaket der Bundesregierung stellt zwar die Förderung von Elektromobilität in den Fokus. Doch unabhängig davon gibt es noch viele offene Fragen: Gibt es genügend Lademöglichkeiten? Welche Ladestation ist für den eigenen Bedarf daheim die richtige, und wer installiert eine solche Anlage? Hinzu kommt die Unsicherheit, welches Ladekabel oder welcher Steckertyp denn nun benötigt wird. Viele Verbraucher stehen vor einer Herausforderung, die sie skeptisch auf E-Mobilität blicken lässt.

Bei MANN Naturenergie gibt es bereits zahlreiche Antworten auf Fragen wie diese. Zehnjährige Erfahrung mit Elektromobilität hat das Unternehmen aus Langenbach bei Kirburg, das sich der Förderung und dem Ausbau regenerativer Energien wirtschaftlich wie weltanschaulich verschrieben hat – egal, ob „grüner“ Strom, Windkraft, Photovoltaik oder Holzpellets.

Die Autobahnen und Innenstädte sind “verstopft”. Wie fügen sich Elektromobilität und Ladeinfrastruktur ein? (Foto: obs/Kapsch TrafficCom AG/Canetti)

Die Expertise speist sich nicht nur daraus, dass MANN Anbieter von vielfältigen Elektromobilitätslösungen, sondern zudem auch selbst Nutzer ist: E-Autos stehen Mitarbeitern für Besorgungen oder für Fahrten der Vertriebsleute stets zur Verfügung – und können praktischerweise gleich an Ladesäulen auf dem Unternehmensgelände betankt werden. Mittlerweile blickt MANN Naturenergie auf eine halbe Million Kilometer Erfahrung mit Elektroautos zurück. Im Fuhrpark existiert inzwischen nur noch ein einziger „Verbrenner“ – ein Bulli, falls im Notfall über weite Strecken viel transportiert werden muss.

MANN bietet Hilfe bei Auswahl und Installation von Ladeinfrastrukturen. Gerade aufgrund der langjährigen Erfahrung ergibt sich bei dem Energieanbieter aus dem Westerwald eine hohe bedarfsorientierte Beratungskompetenz: Private wie gewerbliche Kunden werden beim Finden der individuellen Ladeinfrastruktur unterstützt und versorgt – ob dies nun eine zuverlässige Lösung für die heimische Garage ist oder eine ganze Flotte mit eingebundenem Lastmanagement und Abrechnungsservice. MANN stellt – was insbesondere im gewerblichen Bereich unerlässlich ist – die intelligente Anbindung der Ladeinfrastruktur an die Haustechnik unter Berücksichtigung des Lastmanagements (siehe Seite 4) sicher. In Rund 80 Projekten wurden mittlerweile über 100 Ladestationen installiert, und dies für verschiedenste Zwecke und Kunden.

Alles, was man benötigt, um Elektromobilität in den Alltag einzubinden, kann über MANN Naturenergie bezogen werden, so etwa der “Juice Booster”, der kompatibel mit allen Elektroautos mit Typ-1- wie Typ-2-Ladebuchse ist. (Foto: Juice Technology)

Eine Hilfestellung bei der richtigen Wahl der passenden Ladelösung bietet außerdem ein Online-Tool auf der Homepage (www.mannstrom.de/ladestation-berater): Mittels des „Ladestrom-Beraters“ werden Informationen bereits im Vorfeld ermittelt, so dass rasch Lösungen gefunden werden können. Ebenso gibt es verschiedene Ladestromtarife – natürlich Ökostrom – von MANN, zu denen das Unternehmen individuell berät. Manchmal ist nur ein Rat zu einer „Kleinigkeit“ nötig – etwa, welcher Stecker gebraucht wird. (Der europäische Standard ist bei letzterem übrigens der dreiphasige „Typ-2-Stecker“, der Ladeleistungen von bis zu 22 Kilowatt (kW) – im privaten Raum – oder bis zu 43 kW an öffentlichen Ladestationen ermöglicht.)

Wer zu Hause laden möchte, benötigt eine Wandladestation (Wallbox), im öffentlichen Raum kommen hingegen meist freistehende Ladesäulen zum Einsatz. MANN bietet Hardware von namhaften Anbietern wie „wallbe“, „Juice“ oder „Heidelberg“ und findet für jeden Anwendungsfall die passende Lösung – zum Beispiel vom „Juice Booster 2“, der mobile Ladestation, Wallbox und Typ-2-Kabel in einer „3-in-1-Lösung“ vereint, über die Wallbox „wallbe Eco 2.0“, die aufgrund ihrer einfachen Bedienung und der vielfachen Lademöglichkeiten insbesondere für Einsteiger ideal ist, bis hin zum hochleistungsfähigen Schnelllader „Juice Ultra“, mit dem mit bis zu 75 kW im öffentlichen Raum geladen werden kann.

Dass wir trotz allem auf den Straßen noch immer recht wenige Elektroautos sehen, ist sicher auch den vielen Vorurteilen geschuldet, die es über die „Stromer“ gibt. Die Reichweite sei nicht gut, die Batterie nicht ausreichend entwickelt, Ladesäulen fehlten – dies sind häufige Annahmen. Doch die Elektromobilität entwickelt sich stetig weiter, der Markt bietet mittlerweile zahlreiche hochmoderne Elektro-Fahrzeuge. Der „BMW i3“ etwa, den es ab 39.000 Euro zu kaufen gibt, hat eine Batteriekapazität von 120 Amperestunden (Ah), was 42,2 Kilowattstunden (kWh) brutto entspricht, und eine elektrische Reichweite von 359 Kilometern. Den „Kia e-Niro“ gibt es sogar mit einer Batteriekapazität von 64 kWh, was eine Reichweite von 455 Kilometern ermöglicht. Und tatsächlich scheint der Verbraucher dem E-Fahrzeug allmählich mehr abzugewinnen: Das Kraftfahrtbundesamt verzeichnete im Mai eine Zahl von 5.578 Neuzulassungen an Elektroautos, die so um 20,5 Prozent zum Vorjahresmonat gewachsen sei.

Wie gut sich Elektroautos letztlich in unser tägliches Leben und unsere Gewohnheiten integrieren, zeigt etwa das „Wäller Autokino“, das beweist, dass die funktionstüchtigen Fahrzeuge längst in unserem Alltag angekommen sind.

Uwe Schmalenbach