Kooperation

Markiert, optimiert – und nachhaltiger genutzt

Der orange Roboter greift sich zwölf nebeneinander liegende Bretter, die „zusammenzukleben“ scheinen, während die Maschine sie hochhebt, sich um 180 Grad dreht und sie auf einem Stapel mit mehreren weiteren Lagen davon ablegt. Kurz zuvor waren die flachen Holzstücke noch Teil sehr viel längerer Bretter. Die entstehen im SEO-Sägewerk von MANN (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete) und werden zum Beispiel für hochwertige Verpackungen aus dem nachwachsenden Rohstoff verwendet. Jedoch: Die längeren Latten sind nicht fehlerfrei gewesen und darum durch eine neue „Optimierungs-Kappsäge“ gelaufen, in deren Umfeld der Roboter sich dreht und stapelt.

Die von der Kappsäge optimierten Bretter stapelt der Roboter, nach Längen sortiert, zu Paketen.

„Die Anlage haben wir im April in Betrieb genommen, sie ist eigentlich noch in der Anlaufphase – aber funktioniert schon richtig gut“, schildert Thomas Zinke zufrieden. Er ist Betriebsleiter beim Familienunternehmen in Langenbach bei Kirburg und erklärt, was besagte „Fehler“ sein könnten: „Manches Mal hat der Baumstamm, aus dem wir die Bretter schneiden, beispielsweise am Anfang oder Ende einige kleine Risse. Die sind dann auch im Brett zu finden, es kann nicht wie geplant verkauft und verwendet werden.“

Ungenutzt weggeworfen worden seien solche Latten gleichwohl schon vor Inbetriebnahme der neuen Kappsäge nicht, betont Zinke: Stattdessen wurden sie in einem Zerhacker erheblich kleiner gemacht und als Material für die benachbarte Pelletproduktion der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) genutzt, so dass der wertvolle Rohstoff Holz selbstverständlich trotzdem einer sinnvollen und ökologisch nachhaltigen Nutzung zugeführt wurde.

Klicken Sie auf Video und sehen Sie, wie die Anlage arbeitet.

Die neue Anlage ermöglicht es nach des Betriebsleiters Ausführungen jedoch, mehr aus einem fehlerhaften Brett herauszuholen. Dazu fährt jedes einzelne auf dem Weg in die Kappsäge auf einem Band unter einem Scanner hindurch. Der sieht sich das Holz genau an, identifiziert unbrauchbare Stellen und rechnet in Echtzeit aus, welche Abschnitte noch geeignet sind, um aus der langen Latte, wie sie aus der SEO-Säge kam, eine oder sogar mehrere kürzere zu schneiden – die dann, nach Längen auf unterschiedlichen Stapeln sortiert, beim Roboter ankommen.

Manuel Giertler betrachtet und markiert die Bretter, die sein Kollege ausgeschleust hat.

Manuel Giertler hilft der Kappsäge, ihre Arbeit optimal zu erledigen: Mit einem unglaublich guten Auge schaut er sich flink jedes einzelne bei seinem Kollegen Chris Quiter an der SEO-Säge ausgeschleuste Brett allseitig an und markiert mit fluoreszierenden Strichen jene Teile, die die Kappsäge auf jeden Fall aussparen muss. Die Abschnitte zwischen den orangen Kennzeichnungen gehen daraufhin in die Berechnung der Säge ein und werden zu einwandfreien (wenngleich kürzeren) Abschnitten. Nur noch die erheblich kleineren Reststücke mit den eigentlichen Fehlerstellen wandern gleichermaßen in den Zerhacker und gehen in die WWP-Produktion.

Betriebsleiter Thomas Zinke mustert Bretter, die ein neuer Roboter gestapelt hat. Diese wurden von der ebenfalls soeben in Betrieb genommenen „Optimierungs-Kappsäge“ zugeschnitten. Dahinter steckt eine weitere Idee der Firmengruppe MANN für mehr Nachhaltigkeit.

„Wir können also aus dem eigentlich schon aussortierten, ursprünglichen Brett noch etwas machen“, freut sich Thomas Zinke. Das sei sinnvoll, wenn man den gesamten Nutzungszyklus des eingesetzten Rundholzes betrachte: Anstatt ein schadhaftes Brett sofort in Langenbach zu Pellets zu verarbeiten, die verfeuert – also energetisch genutzt – werden, könne man durch die Optimierungs-Kappsäge den größten Teil dieses Stücks Holz als verkürztes Brett zunächst noch „stofflich“ verwenden, um beispielsweise Paletten daraus herzustellen, die in einer immer globaleren Wirtschaftskette erheblich nachgefragt werden. Als Palette „lebt“ das Holz anschließend erst einige weitere Jahre, wird unterdessen genutzt – ehe es deutlich später, wenn die Palette unbrauchbar geworden ist, energetisch eingesetzt wird.

„Die Holznutzung wird durch einen solchen längeren Lebenszyklus nachhaltiger“, fasst Zinke zusammen. Dazu trage ebenso bei, dass aufgrund der nachgeschalteten Kappsäge bei der Bearbeitung von Rundholz mit großem Durchmesser aus vielen Stämmen ein zusätzliches, zweites Seitenbrett im SEO-Sägewerk aus dem Baum geschnitten werden kann. „Früher ging dieser Teil komplett in den Hacker“, erläutert Zinke.

Nur kleine Reststücke gehen noch in den Zerhacker.

Holz wird, das erwarten viele Fachleute, ein immer knapperes Gut werden, insbesondere aus heimischer, nachhaltiger Bewirtschaftung. Man braucht sich derzeit nur die vielen Flächen anzusehen, die wegen des Kupferstechers und des Buchdruckers, der Borkenkäfer wegen also, gerodet werden, um wenigstens das noch nutzbare Holz zu ernten, bevor die Trockenheit und in der Folge die kleinen Tiere noch mehr Schaden anrichten können. Bis alles wieder aufgeforstet und ausreichend groß gewachsen ist, ehe man die Bäume also abermals fällen und verwenden kann, vergehen erst einige Jahrzehnte. Umso mehr gehört es wohl zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Rohstoff, sich sehr gut zu überlegen, was man mit dem vorhandenen Stämmen tut, wie man sie optimal gebraucht.

Autor: Uwe Schmalenbach

Mit WWP klappt es auf der Freusburg super

Vom Mühlenbach aus, der von der Sieg zum Antrieb der Freusburger Mühle abgezweigt wurde, erahnt man die Ausmaße der Burg kaum.

Kurz bevor die Sieg die Stadt Kirchen erreicht, ändert sie in deren Ortsteil Freusburg die Richtung um 180 Grad und strömt zur Freusburger Mühle. Über der Flussbiegung erhebt sich seit Jahrhunderten, vermutlich spätestens seit dem elften, die Freusburg. Sie gab der heutigen Ortschaft auch ihren Namen. Einst residierte im dicken Gemäuer Graf Eberhard von Froitzberg – jetzt finden hier Schulklassen, Familien, Vereine ein Quartier. Zumindest außerhalb von „Corona“, denn die Burg wird, mit Unterbrechungen, seit 1928 als Jugendherberge genutzt.

„Unser Neubau entstand zwischen 1981 und 1986. In der Zeit war hier geschlossen“, erläutert Hans-Jürgen Hof. Er ist Leiter der Freusburg, gegen den etwas altertümlichen Begriff „Herbergsvater“ hat er gleichwohl nichts, wie er sagt: „Wir arbeiten mit jungen Menschen. Da muss man zuweilen durchaus väterliche Hilfestellung geben.“ In der fünfjährigen Pause jedenfalls, so Hof weiter, wurde die Burg umfassend modernisiert und erhielt vor allem einen Anbau.

200 Betten stehen seither zur Verfügung, und wenn nicht gerade eine Pandemie das Leben lahmlegt, werden die gerne genutzt: Schulklassen machen immer noch einen großen Anteil der Besucher einer Jugendherberge aus. Doch längst sind Familien oder Musikergruppen ebenso häufig zu Gast. Selbst „eine Truppe aus Schottland“, erzählt der Herbergsvater, komme regelmäßig, um auf der Freusburg Dudelsack zu spielen.

Im Gebäude entdeckt man Stellen, wo der Alt- und Neubau aufeinandertreffen

„Die Zeiten von Hagebuttentee und Kartoffelpüree, das man ‚an die Wand nageln kann‘, sind lange vorbei in deutschen Jugendherbergen“, schmunzelt Hans-Jürgen Hof. Nicht nur beim Essen herrschten andere Zeiten, die die Jugendherbergen für immer mehr Menschen (selbst Geschäftsreisende) als günstigere Alternative zum Hotel erscheinen lassen. „Mittlerweile haben wir den Komfort eines Hotels“, betont Hof. Von den gut 70 Zimmern haben über 60 eine eigene Dusche und ein eigenes WC. Überwiegend sind die Räume als Vier-Bett-Zimmer angelegt, ebenso gibt es Einzel- und Zweibettzimmer. Lediglich im Altbau, also innerhalb der ursprünglichen Burgmauern, findet sich noch ein Neun-Bettzimmer, das nach der Schilderung des Leiters jedoch gerade bei Kindergartengruppen sehr beliebt sei.

Schon ab 28,10 Euro kann man sein Haupt hoch oben über der Sieg betten, dazu erhält man noch ein Frühstück. Das Angebot „zieht“. 26.000 bis 28.000 Übernachtungen sei in den letzten Jahren die beachtliche Größenordnung auf der Freusburg gewesen, die damit zweifelsohne einer der größten touristischen Anbieter im ganzen Westerwald sein dürfte. Für 2020 habe es sogar schon Festbuchungen gegeben, mit denen der Wert die 30.000er-Schwelle überschritten hätte – doch dann kam „Corona“ und machte alle Pläne der Gäste zunichte, bedauert Hof.

„Hexen – Geister – Burggespenster“ ist ebenso ein eigens auf Familienurlaub zugeschnittenes Angebot der Burg wie das adventliche Wochenende „Apfel, Zimt und Mandelkern“ oder die „ritterlichen Osterfest-Spiele“. Neben solchen „Specials“, ist der Herbergsleiter überzeugt, sei es natürlich einerseits der Charme, auf einer Burg zu übernachten, der die Gäste anzieht: „Es gibt nichts Schöneres, als mit Kindern zu arbeiten. Die haben sofort große Augen hier oben: ‚Eine Burg!‘ Wo die Kanonen sind, wollen sie dann wissen.“

Herbergsvater Hans-Jürgen Hof im “Rittersaal”. Vor seiner heutigen Wirkungsstätte im DJH war Hof in Finnentrop, Hilchenbach und Schmallenberg tätig.

Herbergsvater Hans-Jürgen Hof im “Rittersaal”. Vor seiner heutigen Wirkungsstätte im DJH war Hof in Finnentrop, Hilchenbach und Schmallenberg tätig.

Auf der anderen Seite seien etliche weitere Einrichtungen und Möglichkeiten wie die insgesamt zehn Tagungsräume ein zusätzlicher Grund für den Zuspruch: „Wir können jeder Schulklasse oder jeder einzelnen Familiengruppe einen eigenen Raum zuweisen“, erklärt Hof. Musiker etwa genießen es nach seinen Worten, im „Musiksaal“ proben und die Instrumente sicher unterbringen zu können und zugleich einen zweiten separaten Raum zur Verfügung zu haben, um innerhalb der Gruppe zu essen. Selbst Hochzeits- oder andere Familienfeiern sind, beispielsweise im „Rittersaal“ der Burg, mittlerweile „normal“. „Die Gäste übernachten anschließend gemeinsam bei uns und frühstücken am nächsten Morgen noch zusammen – das ist ein toller Abschluss“, beschreibt der Herbergsleiter.

Das Gelände um das Burg-Ensemble aus Alt- und Neubau ist weitläufig, ein herbergseigener Multifunktionssportplatz schließt sich an, eine Spielanlage der Stadt ebenso. 17 Mitarbeiter (sechs davon in Vollzeit) kümmern sich um das Wohl der Gäste.

In 4 solcher Pelletsilos wird der umweltfreundliche Brennstoff im Keller der Freusburg gelagert und über Schläuche in den Brenner gesaugt.

In 4 solcher Pelletsilos wird der umweltfreundliche Brennstoff im Keller der Freusburg gelagert und über Schläuche in den Brenner gesaugt.

Viel Platz zur Entfaltung. Jedoch: So ein Komplex will beheizt werden! Keine ganz leichte Aufgabe, „zumal damals im Mittelalter, und ebenso in den 1980er-Jahren bei der Erweiterung, noch niemand an Wärmedämmung gedacht hat“, schildert Hans-Jürgen Hof. Sage und schreibe 60.000 Liter Öl wurden früher jährlich auf der Freusburg verfeuert, um es den Gästen behaglich zu machen! Als die alte Heizungsanlage erneuert werden musste, stieg man darum auf die umweltfreundlichere Wärmequelle Holzpellets um: Etwa 120 Tonnen „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) als Alternative aus nachwachsendem Rohstoff vermeiden so die Entstehung von 178 Tonnen klimaschädlichem CO2, die die Ölheizung einst binnen eines Jahres „rauspustete“!

Ursprünglich hatte die Freusburg einen anderen Pelletlieferanten, als den aktuellen. Doch mit dem habe es nicht gut funktioniert, berichtet der Herbergsvater: Die Pellets seien von schlechter Qualität gewesen, so dass die Heizungsanlage, eine „ETA ePE-K“, häufige Störungen gehabt habe und stehengeblieben sei. Das Absaugen von bei Holzpellets ganz natürlichem Abrieb bei jeder neuen Lieferung sei zudem nicht ordentlich erledigt worden, was die Betriebssicherheit gleichermaßen reduzierte – anders als heute, wenn ein Silowagen der WWP sich den langen, engen Weg auf den Burgberg hochquält. „Unser Haustechniker wusste von den WWP. Deswegen haben wir uns da gemeldet, seither klappt alles super“, ist der Leiter zufrieden, der möchte, dass seine Gäste nach einem ausgefüllten Tag im Warmen entspannen und sich erholen können, wie er hervorhebt.

Wie viele Menschen dieses Tor wohl schon durchschritten haben, um in der Burg zu nächtigen?

Wie viele Menschen dieses Tor wohl schon durchschritten haben, um in der Burg zu nächtigen?

Seit 17 Jahren ist Hans-Jürgen Hof im Deutschen Jugendherbergswerk (DJH) tätig, davor war er als Diplom-Verwaltungswirt im öffentlichen Dienst beschäftigt. Eine mächtige Linde, die am Eingang zur Jugendherberge in den Himmel über dem Siegtal ragt, steht unter Denkmalschutz, ist Jahrhunderte alt. Wie viele Menschen auf der Freusburg wohl schon in all der Zeit übernachtet haben mögen, seit die ersten Mauern errichtet worden sind? Niemand weiß das. Aber dass die wegen „Corona“ abgesagten Buchungen für die besondere Herberge nicht für immer da verloren sind, dessen ist sich der Herbergsvater sicher: „Wenn wir sagen, Montag machen wir wieder auf, dann sind wir Montag ausgebucht!“

Autor: Uwe Schmalenbach

Große Hilfe bei kleiner Menge

Plötzlich ging bei den „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) eine Bestellung ein, wie sie nicht jeden Tag an deren Firmensitz in Langenbach bei Kirburg ankommt. Es drehte sich dabei nicht etwa um eine Tonne des CO2-armen Brennstoffs in handliche 15-Kilo-Säcke verpackt oder um drei Tonnen, die per Silowagen geliefert werden und einen über den Westerwälder Winter geleerten Bunker wieder auffüllen sollten. Nein, gefragt wurde nach nur ein Kilogramm Pellets enthaltenden Tüten. Davon jedoch sollten es 12.000 Stück sein!

Yesim Dasbasi füllt “Westerwälder Holzpellets” durch einen Trichter in den Beutel. Foto: Schmalenbach

Yesim Dasbasi „schöpft“ mit einem aus einem PVC-Rohr angefertigten Messbecher lose Holzpellets aus einer Kiste und schüttet sie in einen Trichter. An dessen Ende hat sie zuvor einen leeren Papierbeutel eingespannt, in den das Brennmaterial sodann rieselt. Dasbasi nimmt den Beutel ab, legt oben auf die Pellets darin noch zwei Anzünder aus Holzspänen und verschließt das Ganze – fertig ist einer der bestellten 12.000 Beutel.

Yesim Dasbasi ist eine der zur Zeit 137 Beschäftigten der „Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn“ an deren Standort in Rotenhain (siehe Seite 2). Durch den Auftrag der WWP hat die junge Frau dort eine sinnvolle Arbeit, erhält dafür selbstverständlich eine Entlohnung, und für die „Westerwälder Holzpellets“ ist ihre Zuarbeit eine wichtige Unterstützung. Denn im Pelletwerk in Langenbach wäre es schwierig, eine so besondere Verpackungsform ohne Weiteres in die Abläufe zu integrieren, die eher dafür ausgelegt sind, dass LKW aus großen Silos befüllt werden, aber nicht für derartig kleinteilige Aufgaben.

Anders in Rotenhain: Dort ist alles darauf ausgerichtet, ebenso ungewöhnliche Chargen und Produkte fertigzustellen. Im Fall des Auftrags, dessen sich Yesim Dasbasi gerade annimmt, wurden dazu in der Werkstatt kurzerhand der passende Messbecher und eine kippbare Vorrichtung mit dem Trichter individuell gebaut, die der jungen Frau ein ergonomisches Arbeiten ermöglicht.

Die besondere Bestellung, die bei den WWP einging und nun von Dasbasi „eingetütet“ wird, ist für den Vertreiber der amerikanischen Marke „BioLite“, die vor allem für ihre innovativen Camping-Öfen bekannt ist. Das New Yorker Unternehmen entwickelt Energie erzeugende Produkte – so auch den „BioLite Camp Stove“, der etwa mit „Westerwälder Holzpellets“ befeuert werden kann (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete). Der „Camp Stove“ ist im Prinzip ein thermo-dynamischer Generator, der Strom als „Abfallprodukt“ liefert: So kann man während des Kochvorgangs über einen USB-Anschluss elektrische Geräte betreiben. Die Leistung – sie liegt bei etwa acht, neun Watt – reicht aus, um zum Beispiel ein „iPad“ zu laden. Der eingebaute Ventilator des Geräts sorgt zudem für eine saubere und effiziente Verbrennung der „Westerwälder Holzpellets“. Und eben diese benötigt der „BioLite“-Versender für die Käufer seiner Öfen, weshalb Yesim Dasbasi fleißig den Brennstoff in der benötigten Menge verpackt.

„Mit der Caritas in Rotenhain arbeiten wir schon ‚ewig‘ zusammen“, blickt Markus Mann zurück. Vor fast 20 Jahren, so der Chef der WWP, habe man in deren Werkstätten erstmals kleine Tüten mit je 200 Gramm Holzpellets füllen lassen: so enthielten die Säckchen genau die Menge, die eine Kilowattstunde Energie liefert. Bei Messeauftritten oder den „Tagen der offenen Tür“ in Langenbach sind die von Beschäftigten der Werkstätten fertiggestellten Artikel seither beliebte „Giveaways“ und außerdem die Grundlage für eine lange Zusammenarbeit zwischen MANN und Caritas.

Uwe Schmalenbach

Ein Dankeschön aus der Caritas-Werkstatt

André Altbürger baut einen der Lärchenholz-Nistkästen für die WWP zusammen. Foto: Schmalenbach

Es piept kurz, dann beginnt ein violett-weißlicher Lichtpunkt über das Lärchenholz zu zucken. Gerade so wahrnehmbare Rauchwölkchen steigen auf – darunter werden erste Konturen des „Westerwälder-Holzpellets“-Logos erkennbar. Der Vorgang erinnert an das Brandmalen, das vermutlich schon im alten Ägypten für Verzierungen genutzt wurde. Doch statt eines Brandmalkolbens, wie ihn viele Hobbybrandmaler heute einsetzen, überträgt ein kleiner Laser das Signet auf das darunter befindliche Brett. Dieses ist Teil eines Nistkastens – und er das Resultat einer besonders wertvollen Kooperation.

„Wrritt, wrrriiittt“, surrt der Akkuschrauber. Noch zwei letzte Schrauben eindrehen – wieder hat André Altbürger ein Vogelhaus fertig und legt es auf eine Palette zu weiteren Exemplaren. „Das ist eine Auftragsarbeit für die Firma MANN“, erläutert Günter Keßler. Er ist Betriebsleiter am Rotenhainer Standort der „Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn“, wo die Vogelhäuschen auf Bitten der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) gefertigt werden. Sie seien für Meisen gedacht; das Loch, das hineinführt, habe daher eine bestimmte Größe, so dass keine Raubvögel hindurchpassen. „Normalerweise bauen wir solche Nistkästen aus Tanne oder Fichte, doch Herr Mann wünschte sich Lärche, damit es wertiger und haltbarer wird“, zwinkert Keßler.

Er selbst ist seit 19 Jahren in Rotenhain tätig, der Betrieb dort besteht seit 26 Jahren. Werkstätten des Caritasverbandes im Westerwald und im Rhein-Lahn-Kreis existieren (neben weiteren Angeboten wie beispielsweise der Tagesförderstätte in Wirges oder dem „CAP-Lebensmittelmarkt“ in Hundsangen) außerdem in Montabaur, Niederelbert, Nauort, St. Goarshausen und Lahnstein. Insgesamt, so Günter Keßler, kommen etwa 650 Menschen in diese Einrichtungen.

Garten- und Landschaftsbau, Hausmeisterei, Wäscherei, Lager und Logistik, Holzbearbeitung, Lettershop, Palettenbau oder Verpackung und Konfektionierung: in diesen und vielen weiteren Bereichen sind Menschen in den Caritas-Werkstätten aktiv. Grundlage sind entsprechende gesetzliche Vorschriften. Die verlangen, dass Menschen mit (körperlichen, geistigen oder seelischen) Einschränkungen, die dem sogenannten „ersten Arbeitsmarkt“ nicht oder noch nicht zur Verfügung stehen können, in den Einrichtungen eine Qualifikation für den ersten Arbeitsmarkt erhalten. Dabei müssen die Beschäftigten ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeit leisten und erhalten im Gegenzug einen Werkstattlohn, wie der Betriebsleiter ausführt.

Die so sichergestellte Teilhabe am Arbeitsleben wie die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung entspreche dem gesetzlichen Auftrag. Der regelt ebenso räumliche Verhältnisse: Die Anfahrt zur Werkstatt darf nicht länger als eine Stunde ausfallen. Der Rotenhainer Betrieb ist demnach zuständig für die Verbandsgemeinden Hachenburg, Bad Marienberg, Rennerod, teilweise Westerburg. „Und eine Beschäftigte kommt aus der VG Selters“, ergänzt Günter Keßler.

Apropos Arbeitsweg: Ein Fahrdienst bringt die Menschen täglich nach Rotenhain und zurück, denn von den zur Zeit 137 dort Beschäftigten wohnen etwa Dreiviertel bei ihren Familien oder bei Angehörigen; alle anderen in Wohngruppen in der Region.

Eine weitere Arbeitsform betrifft dauerhaft circa 30 bis 40 Menschen, die von den Caritas-Werkstätten Rotenhain kommen: Sie sind mit dem Status „Werkstattbeschäftigte“ auf „Außenarbeitsplätzen“, also direkt bei Unternehmen der Region tätig, werden allerdings weiterhin von Caritas-Mitarbeitern betreut. Bei dieser Konstruktion komme es, daran lässt Günter Keßler keinen Zweifel, sehr wesentlich auf das Wohlwollen der Verantwortlichen an.

Werkstätten wie jene in Rotenhain haben ergänzend „arbeitsbegleitende Maßnahmen“ wie zum Beispiel ein Sportangebot anzubieten. Dafür gibt es dort eigens eine Sporthalle – die wegen „Corona“ derzeit jedoch als zusätzliches „Speisezimmer“ genutzt werden muss. „In unserem eigentlichen Speisesaal essen sonst 80 bis 100 Personen“, beschreibt Günter Keßler, „durch die räumliche Entzerrung sind es nunmehr vielleicht 18 bis 20 mit entsprechend großen Abständen zueinander.“

Auch Industriemontagen, wie hier bei Bestandteilen für Elektroschränke, erledigen die Werkstätten, wie Betriebsleiter Günter Keßler schildert.

Die gemeinnützigen Einrichtungen sind – bei allem sozialen Engagement – zugleich verpflichtet, eine Wertschöpfung zu erzielen. Davon werden schließlich die Werkstattlöhne bezahlt. „Wir versuchen daher schon, mit den Unternehmen der Region in irgend einer Form zusammenzuarbeiten und unsere Dienstleistung anzubieten“, betont Keßler, „wir wollen gleichwohl niemandem auf dem ersten Arbeitsmarkt die Arbeit wegnehmen!“ Es gehe um Nischen, in denen vielleicht nicht unbedingt ein Facharbeiter benötigt werde. „Oder was passt in der betreffenden Firma nicht in dortige Abläufe, das wir hier jedoch gut darstellen können“, fügt der Betriebsleiter an. Diese Erfordernisse des Marktes müssen Keßler und seine Kollegen dann mit einem „Bedarfsplan“ in Einklang bringen, den es für jeden Beschäftigten bei der Caritas gebe: „Was hat er für Fähigkeiten? Was möchte er selbst machen? Wohin soll er sich entwickeln?“

Eines wird also sehr deutlich: Das gesamte System und die ehrbare Absicht der Teilhabe am Arbeitsleben lassen sich nur umsetzen, wenn über alle gesetzlichen Regularien hinaus Unternehmen bereit sind, den Werkstätten Aufträge zukommenzulassen.

So wie die WWP mit dem Bau der Nistkästen: Die werden als Dankeschön des Westerwälder Energielieferanten bei einer Lieferung im März an seine Pelletkunden verschenkt. „Wir wollen nicht irgendwelche Werbegeschenke verteilen, die dann in der Mülltonne landen, sondern mit denen man etwas anfangen kann und die einen nachhaltigen, ökologischen Zweck haben, also zu unseren regenerativen Energieträgern passen“, kommentiert WWP-Chef Markus Mann. „Wer keinen eigenen Garten besitzt, findet sicher einen Baum in der Nähe für den Kasten“, lächelt er und streicht zufrieden über das fertig gelaserte Logo auf einem in Rotenhain montierten Vogelhaus.

Bereits 1975 wurden in Niederelbert die “Caritas-Werkstätten-Westerwald-Rhein-Lahn” gegründet. Aus diesen Einzelteilen entsteht an deren Standort Rotenhain das WWP-Vogelhaus.

Bereits 1975 wurden in Niederelbert die “Caritas-Werkstätten-Westerwald-Rhein-Lahn” gegründet. Aus diesen Einzelteilen entsteht an deren Standort Rotenhain das WWP-Vogelhaus.

Uwe Schmalenbach

Alwin und Alwine dürfen sich weiter drehen

Alwine ist zwei Jahre jünger als ihr „Bruder“ Alwin. Dafür ein wenig „dicker“. Die beiden produzieren ohne zu murren zusammen eine Jahresleistung von 1,2 Millionen Kilowattstunden (kWh) Grünstrom – doch eigentlich wäre damit nach der kommenden Jahreswende Schluss.

Wanderwege: Der sechs Wanderetappen umfassende „Wiedweg” führt ebenso an Alwin und Alwine vorbei wie der „WesterwaldSteig”. Die Quelle der Wied, der von hier dem Rhein entgegen fließt, ist keine drei Kilometer von der Erhebung entfernt.

Schuld ist daran ausnahmsweise einmal nicht „Corona“, sondern die Neufassung des EEG (siehe Seite 2). „Dadurch wird die gesetzliche Einspeisevergütung wegfallen. Und der Preis von 9,1 Cent, den wir bisher je Kilowattstunde bekommen haben, würde nach dem 31. 12. auf unter vier Cent fallen!“, erläutert Marvin Schnell. Dann, so der Geschäftsführer der Bürgergesellschaft „Alternative Energie Kroppacher Schweiz“ (AEKS) weiter, seien die Wartungs- und Betriebskosten jedoch höher als der Ertrag, die Windmühlen müssten aus wirtschaftlichen Gründen abgeschaltet werden.

Ein Schicksal, das gerade vielen Altanlagen im Bereich der Windenergie widerfährt. Dabei sind diese häufig tadellos in Schuss – so wie im Fall von Alwin und Alwine: Die 1998 beziehungsweise 2000 errichteten Anlagen vom Typ „Enercon E-40“ drehen sich weiterhin Tag für Tag ohne Fehl und Tadel auf ihren 65 Meter hohen Türmen auf dem Gräbersberg. Alwin leistet dabei 500 Kilowatt (kW), Alwine 600, und so produzieren die 40 beziehungsweise 44 Meter durchmessenden Rotoren Strom für etwa 375 „Durchschnittshaushalte“ im Westerwald. Nebenbei werden circa 1.200 Tonnen CO2 eingespart – Jahr für Jahr, das sich die Windräder weiterdrehen.

Die Standsicherheit solcher Anlagen wird zunächst auf 20 Jahre ausgelegt, danach muss sie überprüft werden. Das haben die über dem in der Verbandsgemeinde Hachenburg gelegenen Dorf Alpenrod arbeitenden Kraftwerke bestens bestanden: Ihre Gesamtnutzungsdauer wurde von den Fachleuten als „größer 40 Jahre“ beziffert. Zwischen eineinhalb und zwei weiteren Jahrzehnten können die Anlagen mithin weiterhin sauberen Strom produzieren. Warum also abschalten?

„Es ist ja nicht nur der Wegfall der Einspeisevergütung“, erklärt Marvin Schnell. „Während das Prüfintervall bei jüngeren Windrädern vier Jahre beträgt, ist es nach 20 Jahren auf zwei verkürzt.“ Jeder Check, so der Geschäftsführer der Bürgerenergiegesellschaft, koste 3.000 Euro – viel Geld für den Zusammenschluss von „Wällern“, die hier in ihrer Heimat nur eines mit den Anlagen erreichen wollten: Grünstrom produzieren und so Umweltschutz betreiben, wie Schnell betont. Da aufgrund des Alters außerdem der Wartungsvertrag für die „Enercon“ endet, kommen hier auf die Bürger-Windmüller weitere, beträchtliche Kosten zu – die bei einem zu geringen Kurs für die Kilowattstunde nicht mehr gedeckt wären.

Tafel: Eine Infotafel der Bürgerenergiegesellschaft informiert vorbeikommende Wanderer, was es mit der Energiegewinnung auf sich hat.

„Man kann den Strom nach Ende der festen Einspeisevergütung nur noch über die Börse zum Marktwert absetzen“, ergänzt Marvin Schnell. Doch der schwanke: Im Februar 2020 lag er zum Beispiel einmal bei nur 1,6 Cent je Kilowattstunde – zu wenig für die Wäller. „Deswegen ist uns ein fixer Betrag erheblich lieber. Da kann man dann kalkulieren“, hebt der AEKS-Geschäftsführer hervor, der dafür Sorge tragen muss, dass das Geld der am Energieprojekt auf dem Gräbersberg Beteiligten gut angelegt ist.

Eine neue Kooperation mit MANN Naturenergie verhindert nun, dass Alwin und Alwine (die richtigerweise eigentlich ALWIN und ALWINE geschrieben werden, was für „ALpenroder WINdenergieanlage“ steht) ab dem kommenden Jahr stillstehen: Der Westerwälder Energielieferant nimmt der AEKS den Strom ab, den Alwin und Alwine auch weiter liefern können, und vergütet zum Fixpreis. Das Risiko schwankender Marktwerte ist für die AEKS damit eliminiert, und ihre Energie entsteht weiterhin 100-prozentig nachhaltig.

Das ist kein unwesentliches Detail. Denn viele als „Öko-Strom“ beworbene Produkte auf dem Energiemarkt sind in Wahrheit nur kaufmännisch-bilanziell „Öko-Strom“, aber kein „physikalisch gekoppelter“. „Bei ‚gekoppeltem‘ Strom kauft der Energieversorger tatsächlich ‚grüne‘ Elektrizität aus einer erneuerbaren Erzeugungsanlage ein – so wie MANN jetzt von der AEKS“, schildert Markus Mann, Geschäftsführer von MANN Naturenergie. Beim „fiktiven“ Öko-Strom hingegen werde die Strommenge unabhängig vom Zertifikat „Öko“ gehandelt. „Die Energie darf sogar aus einem konventionellen Kraftwerk stammen – und der Versorger kauft lediglich im selben Umfang Herkunftsnachweise ein und kann seinen Strom mit diesen Zertifikaten zu ‚Öko-Strom‘ erklären, selbst wenn er mittels Kohleverstromung erzeugt wurde!“, schüttelt Mann den Kopf.

Vereinbarung: Marvin Schnell (links) von der AEKS und Jörg Thielmann von MANN schauen die Kooperationsvereinbarung noch einmal an. (Fotos: Schmalenbach)

Die fortgesetzte Nutzung von Alwin und Alwine ist nach seiner Überzeugung zudem aus einem weiteren Grund eine Sache, für die es sich einzusetzen lohnt: „Wir sind heute eine unglaubliche Wegwerfgesellschaft geworden. Repariert wird nicht mehr, und sogar vieles, das tadellos in Schuss ist und weiterhin funktioniert, wird einfach ausrangiert und durch ein neues Model ersetzt – vom Smartphone bis zum Flachbildfernseher, obwohl die Vorgängermodelle top in Ordnung sind“, führt Markus Mann aus.

Der Weiterbetrieb der Windkraftanlagen über Alpenrod, die, wie geschildert, noch viele Jahre echten Grünstrom produzieren können, ist daher zugleich ein Stück gelebter Nachhaltigkeit.

Uwe Schmalenbach