Photovoltaikanlage

Häuser aus nachwachsendem Rohstoff

Jeder Balken wird vorher im Betrieb geplant, gesägt und beschriftet; ebenso ganze Wandelemente.

„Früher haben wir ganz klassisch als Zimmerei gearbeitet; 200 Dachstühle im Jahr errichtet“, erzählt Benjamin Stocksiefen. Heute jedoch mache der „Holzrahmenbau“ das Gros der Aufträge aus, bei dem im Betrieb Stocksiefens Wandelemente vormontiert und wie im Fall der Familie Sippel/Räsch auf der Baustelle zu Aufstockungen oder ebenso komplett neuen Häusern zusammengesetzt werden. Neben anderen Vorteilen wie dem Raumklima steht dabei vor allem die ökologische Komponente im Vordergrund: Holz ist ein nachwachsender, nachhaltiger Baustoff!

Benjamin Stocksiefen zeigt den Wandaufbau samt Dämmmaterialien.

Als Michael Stocksiefen, der Urgroßvater Benjamin Stocksiefens, nach dem Krieg in Troisdorf-Bergheim 1945 seine Zimmerei gründete, hat er vermutlich nicht im Entferntesten geahnt, wie sich das Unternehmen sechs Jahrzehnte später gewandelt haben würde. 2005 baute die Firma ihr allererstes Holzhaus im rheinischen Mondorf (wo nach mehreren, erweiterungsbedingten Umzügen heute auch der Sitz ist), einem Stadtteil Niederkassels bei Bonn. Gedacht, um den Kunden zu zeigen, dass man einen solchen Holzrahmenbau ebenso gut „ganz normal“ verputzen kann und zugleich ein schönes Wohnklima im Innern erhält.

„Der Effekt trat nicht ganz so ein, wie wir uns das vorgestellt hatten“, bekennt Benjamin Stocksiefen, inzwischen in vierter Generation Geschäftsführer. „Die potenziellen Kunden interessierten sich eher für die Pelletheizung im Keller und weniger für das, was wir eigentlich zeigen wollten.“ Eine gute Verwendung für das Objekt fand er dennoch, wohnt heute mit seiner Familie darin.

Wenngleich mit einem etwas längeren zeitlichen „Anlauf“ als zunächst geplant, ist der Holzrahmenbau mittlerweile das Hauptgeschäft des Unternehmens. Klassische Zimmerarbeiten machten nur noch 15 bis 20 Prozent der Tätigkeit aus, erläutert Benjamin Stocksiefen. In erster Linie bauen er und sein Team nunmehr Holzhäuser, wobei die nichts mit den „Fertighäusern“, wie man sie in den 1970er- oder 1980er-Jahren kannte, oder mit Blockhäusern zu tun haben, an die man beim Begriff „Holzhaus“ vielleicht denken mag.

15 bis 20 solcher im Holzrahmenbau gefertigten Objekte würden pro Jahr betreut und gebaut. Mehr will Stocksiefen nicht annehmen an Aufträgen: es solle familiär bleiben im Unternehmen. Sein Vater und sein Onkel sind ebenfalls noch mit im Betrieb. Sieben weitere Mitarbeiter sind fleißig bei den Vorarbeiten in der eigenen Halle wie auf Baustellen. Das Team sei jung, die Mitarbeiter zwischen 25 und 35 Jahre alt. Und sie finden laut Beschreibung des Chefs „total cool“, mit Holz zu arbeiten und nachhaltige Häuser zu errichten.

Für die weiß Benjamin Stocksiefen etliche Vorteile zu nennen: Aufgrund gegenüber gemauerten Häusern dünneren Wänden ergebe sich eine größere Wohnfläche beim selben umbauten Raum. Alle Anforderungen an Wärme-, Feuchte-, Schall- und Brandschutz würden erfüllt oder sogar übertroffen. Und bei „qualitätsorientierter Holzbauweise“ betrage die Lebensdauer von Holzhäusern mehrere hundert Jahre.

Der heutige Betrieb befindet sich in Gondorf.

„Vor allem aber ist das Raumklima vom ersten Tag an wunderbar. Hinzu kommt eine tolle Wärmeisolation im Winter, im Sommer Schutz vor Hitze.“ Ein geringeres Gewicht, das gerade bei Baumaßnahmen im Bestand wie bei Aufstockungen förderlich sei, zählt der Zimmermeister ebenfalls zu den Vorteilen. Daneben sei die kürzere Bauzeit vorteilhaft, da so etwa Standkosten für Kräne oder Gerüste niedriger ausfallen. Und Holz ist eben ein ökologisch wertvoller Baustoff, da er natürlich nachwächst und währenddessen viel CO2 speichert sowie als natürliche Kühlung fürs überhitzte Klima fungiert.

Zweieinhalb bis 3.000 Euro kostet der Quadratmeter Wohnfläche eines ökologisch sinnvollen Holzhauses. Für die Dämmung wird Zellulose verwendet, ebenfalls ein umweltgerechter Rohstoff. Die fertigen Systeme, die aufgestellt werden, sind fremdüberwacht, der Betrieb von Benjamin Stocksiefen trägt die RAL-Gütesiegel für die Herstellung wie Montage.

Wenn alles Benötigte vorliegt – also etwa die Statik, die Baugenehmigung –, dauere die Vorproduktion eines Holzhauses vier bis fünf Wochen, schildert Benjamin Stocksiefen. Das benutzte Holz stamme zu 90 Prozent aus dem Westerwald, dem Schwarzwald sowie dem Saarland. Geeignet seien Fichte, Tanne und Kiefer.

Die Restfeuchte des Materials liegt bei nur noch 15 bis 18 Prozent und wird in einer Trockenkammer erreicht, so dass auf chemische Behandlung des Baustoffs, auf Holzschutzmittel vollständig verzichtet werden kann. „Mit der geringen Restfeuchte ist das Holz für jeden Pilz und für jedes Insekt zu trocken“, erklärt der Zimmermeister.

Benjamin Stocksiefen zeigt einen Paulownia-Stamm: Ist das das Baumaterial der Zukunft? (Foto. Schmalenbach)

Den Wandel von der Zimmerei zum Holzhausbauer hat Benjamin Stocksiefen offenbar gut hinbekommen: 2015 wurde die Holzbau Stocksiefen GmbH von der Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg als „Handwerksbetrieb des Jahres“ ausgezeichnet, 2019 schaffte sie im bundesweiten Wettbewerb von mehr als 80 Hausbauern den zweiten Platz in der Kategorie „Projekt des Jahres“. Inzwischen wurden weit mehr als 350 Holzrahmenbauten realisiert. Dabei habe der Wandel vom Führungsstil der Elterngeneration und deren Tätigkeitsschwerpunkt zum von Benjamin Stocksiefen „feels wood“ genannten Prinzip durchaus zwischenzeitlich Probleme bereitet, gesteht er ein.

Der Unternehmer träumt davon, dass sich Bauherren nicht nur für eine Photovoltaikanlage, für Ökostrom, den Heizkessel oder weniger energieverbrauchende Geräte im Haushalt interessierten – sondern schon beim Hausbau ökologisch denken und handeln. Den Baustoff Holz wolle er daher im Rheinland etablieren – „ähnlich wie in Süddeutschland“, sagt er versonnen.

Dass der Klimawandel unseren Wäldern arg zu schaffen macht, wie jedermann überall an nadellosen, grauen Fichten sehen kann, fließt in die Überlegungen des Zimmermeisters mit ein. Gemeinsam mit der Universität Bonn arbeitet Holzbau Stocksiefen darum beispielsweise schon am „Holzwerkstoff der Zukunft“: Die Paulownia, auch bekannt als Blauglockenbaum, hat einen extrem leichten Stamm, aus dem man eines Tages vielleicht Holzhäuser zwischen Bonn und Siegburg bauen wird. Dazu probieren die Handwerker in Mondorf in ihrem Betrieb immer wieder dessen Eigenschaften aus; etwa, wie sich das Paulownia-Holz verhält, wenn man es in die Roboter-Säge schiebt, mit der das Holz unter anderem bearbeitet wird. Für das Süßgras Miscanthus interessiert sich Benjamin Stocksiefen ebenfalls: es könnte eines Tages eine hervorragend geeignete und ebenso nachwachsende, nachhaltige Dämmung in den Gefachen sein.

2007 hat Benjamin Stocksiefen sein Abitur gemacht, 2012 den Zimmermeister. Er ist also noch vergleichsweise jung und hat doch schon sehr viel im Holzrahmenbau erreicht. Vielleicht werden Holzhäuser an dem Tag, an dem Benjamin Stocksiefen die Geschicke des Handwerksbetriebs in die Hände seines Nachfolgers legt, das Gros aller Gebäude am Rhein ausmachen – so, wie es heute schon in Nordamerika und Skandinavien der Fall ist. Bis dahin hat der Zimmermeister noch genug zu tun: Rund jeder fünfte Bauherr in Deutschland bestellt bisher erst ein Holzhaus.

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Im Video schildert der Zimmermeister Besonderheiten des Holzrahmenbaus.

Uwe Schmalenbach

Anders – und mit zwei Dritteln Autarkie

Mancher unverständige Mitbürger würde möglicherweise rasch den Kopf schütteln. Urteilen, Familie Sippel/Räsch habe einen Spleen. Bewusst ein Leben zu führen, bei dem regenerative Energien betont im Vordergrund stehen, bezeichnen Thoralf Räsch und Kattrin Sippel selbst hingegen als ihr „Hobby“.

Kattrin Sippel und Thoralf Räsch freuen sich schon darauf, bald die größte Menge der benötigten Energie für Haus und Autos selbst produzieren und speichern zu können. Der Mathematiker hat eine 66-prozentige Netzunabhängigkeit errechnet. (Foto: Schmalenbach)

Wie das alles „passiert“ ist, dass erst das eine Haus in Niederkassel und in diesen Tagen ein zweites wenige Hundert Meter weiter auf die Nutzung selbst erzeugten und im eigenen Tank gespeicherten „Grünstroms“ umgestellt wird, vermag das sympathische Paar, das mit den beiden Kindern Ben und Klara sowie zwei Hunden vor den Toren Bonns lebt, gar nicht recht zu erklären. „Ich kann das nicht genau sagen, woher das Interesse an regenerativer Energie rührt oder wann die Begeisterung dafür anfing. Ich stamme eigentlich nicht aus so einem ‚Öko-Haushalt‘. Irgendwann kam einfach der Punkt, an dem uns das Thema interessiert hat“, erzählt Kattrin Sippel. Sie habe seinerzeit ein neues Auto gesucht und mit dem dann erworbenen „Golf GTE“ einen Plug-in-Hybrid gekauft.

Mit dem fährt die Sozialpädagogin vor allen Dingen zur Arbeit als Vertrauensperson für Schwerbehinderte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Das geht zwar ebenso mit dem im „GTE“ vorhandenen Benzinmotor. Doch Kattrin Sippels Antrieb ist es, diesen so oft wie irgend möglich ausgeschaltet zu lassen und stattdessen mit dem gleichfalls im Fahrzeug verbauten Elektroaggregat vorwärts zu kommen. „Im Winter lasse ich die Fleecejacke dafür auch schon einmal etwas länger an, weil die Heizung im Auto viel Strom zieht“, schmunzelt sie, „mein Ehrgeiz ist es, möglichst viel rein elektrisch zu fahren. Ich schaffe 85 Prozent aller Fahrten – ich glaube, ich bin im Mai dieses Jahres das letzte Mal an einer Tankstelle gewesen…“

Die Aufstockung wächst in den Sommerhimmel über Niederkassel.

Da stand er nun, der „Golf“, vor Kattrin Sippels Haus in Niederkassel. Ihre Mutter hörte sich die Berichte der Tochter über erste Erfahrungen damit interessiert an und meinte plötzlich: „Du brauchst doch dann jetzt auch eine eigene Photovoltaikanlage (PV)“ – und stellte der Tochter kurzerhand das notwendige Budget dafür zur Verfügung.

Nachdem der „GTE“ im Hause Sippel 2017 angeschafft worden war, konnte die PV-Anlage auf dem Dach in Niederkassel im Februar 2018 eingeschaltet werden. Direkt damit verbunden wurde ein Batteriespeicher, der den selbsterzeugten Strom von der Tageszeit unabhängig(er) nutzbar macht. Der „GTE“ wird also beispielsweise zwischen drei und fünf Uhr in der Nacht geladen, damit er morgens für den Weg zur Arbeit aufgetankt parat steht.

„Tja, und dann ist irgendwie so ein ‚Schneeballsystem‘ losgegangen“, resümiert die Sozialpädagogin heute. Wenige Meter weiter, in derselben Straße im trotz der inzwischen fast 41.000 Menschen, die hier in sieben Stadtteilen leben, eher beschaulichen Niederkassel, wohnt seit rund zehn Jahren Kattrin Sippels Partner Thoralf Räsch. In einem Haus, das 1968 errichtet wurde. Wie es im Bestandsbau halt so ist, muss ab und an etwas erneuert werden. Bei einem Spaziergang mit den Hunden Lilly und Helena Ende letzten Sommers diskutierte das Paar darüber: „Wir müssen das Dach machen.“ „Es stammte aus dem Baujahr“, verdeutlicht Thoralf Räsch, der als Mathematiker an der Uni Bonn tätig ist.

Schnell war klar: Die Erneuerung würde 50.000 Euro kosten. „Dann sollten wir doch am besten gleich darüber sprechen, hier für alle Raum zu schaffen“, berichtet Thoralf Räsch von den anschließenden Überlegungen. Anstatt als eine Familie mehr oder minder in zwei Häusern zu leben („Die Straße dazwischen ist unser Flur“, lacht das Paar), wollten sie ihre Haushalte vollständig zusammenlegen und dafür das Haus Thoralf Räschs durch eine Aufstockung vergrößern, damit alle dann vier Bewohner und zwei Hunde ausreichend Platz haben.

Die fertig montierten Holz-Wände wurden per Kran aufs Gebäude gesetzt. (Foto: privat)

Das Bauprojekt jedoch sollte ebenfalls dem Gedanken der Nachhaltigkeit folgen. Kattrin Sippel googelte einfach los: „Holzhaus Rheinland“ – und stieß durch Zufall auf den Zimmereibetrieb Stocksiefen, der nur drei Kilometer weiter im benachbarten Stadtteil Mondorf ansässig ist. Kurz vor Karneval gingen Thoralf Räsch und Kattrin Sippel zu einem ersten Gespräch bei Geschäftsführer Benjamin Stocksiefen, bald darauf wurde das Vorhaben begonnen.

In diesem August sind binnen dreier Tage im Betrieb der Firma Stocksiefen vormontierte Holzwände auf Thoralf Räschs altes Haus gestellt worden. Insgesamt 278 Quadratmeter Wohnfläche wird es so am Ende dort geben. Und das Prinzip des Holzrahmenbaus passt zur „grünen Energie“. Denn die Bauweise nutzt ausschließlich den nachwachsenden Rohstoff Holz. Bei den Dämmungen im Innern der Wände wird gleichermaßen nur nachhaltiges Material verwendet.

Thoralf Räsch erläutert die Raumaufteilung.

Selbstverständlich spielt „grüne Energie“ im umgebauten Gebäude gleichermaßen eine gewichtige Rolle – noch mehr als im Haus Kattrin Sippels: Aufs Dach werden 29 Photovoltaik-Module montiert. Sie liefern eine Spitzenleistung von 9,42 Kilowatt (kW). Die jedoch soll nicht ständig sofort verbraucht oder der Überschuss ins öffentliche Netz eingespeist werden, weshalb ein mit 18 Kilowattstunden (kWh) schon recht üppig dimensionierter Speicher der Osnabrücker Firma „E3/DC“ ebenfalls ins vergrößerte Objekt „einziehen“ wird.

Der größte Speicher jedoch nützt nicht viel beziehungsweise wird nicht optimal eingesetzt, wenn nicht zugleich ein geeigneter „Wechselrichter“ verbaut wird, der andernfalls ein Nadelöhr sein kann. Hier helfen Thoralf Räsch und Kattrin Sippel die Erfahrungen aus ihrem Haus: Der dortige Wechselrichter lässt nur 1.500 Watt Leistung durch. Das führt in der Praxis dazu, dass nicht alle elektrischen Verbraucher, die gerade Strom benötigen, aus dem Speicher von Kattrin Sippel versorgt werden können, obwohl in dem noch genug Kapazität vorhanden wäre. Konkret: Auto laden und Geschirrspüler einschalten funktioniert zeitgleich nicht mit selbsterzeugtem Strom.

Beim neuen Projekt wird darum ein Wechselrichter mit 4.500 Watt integriert: Der, so erläutert Thoralf Räsch, könne den Hausverbrauch für Computer, Fernseher und Co speisen und dennoch zugleich eines der Autos laden. Denn neben dem „GTE“ von Kattrin Sippel hat Räsch einen vollelektrischen „Twizy“, der ebenfalls mit dem selbsterzeugten Strom aufgetankt werden soll.

Durch das Speichersystem nebst entsprechendem Wechselrichter schaffen Sippel-Räschs eine „Autarkie“ von zwei Dritteln, wie der Mathematiker ausgerechnet hat, decken also 66 Prozent ihres Energiebedarfs ohne Zukauf. Wenn das eigene Kraftwerk auf dem neuen Dach nicht zur vollständigen Versorgung ausreicht, wird über den Wechselrichter in solchen Momenten zertifizierter MANN Strom aus dem Westerwald genutzt.

Apropos Westerwald: Die 29 Jahre alte Ölheizung im Keller des Niederkasseler Gebäudes fliegt im Zuge des Umbaus auch direkt raus. Sie wird ersetzt durch eine moderne „ETA“-Pelletheizung. In der sollen die für ihren sehr geringen CO2-Fußabdruck bekannten „Westerwälder Holzpellets“ für Wärme sorgen, wie sie Kattrin Sippel in ihrem Haus ebenfalls seit 2019 als Brennstoff einsetzt. Unterstützt wird die neue Heizung in Thoralf Räschs Haus von Solarthermie auf dessen Dach.

Auch aus dem Garten sieht man die Erweiterung des Hauses bereits deutlich.

„Wir gefallen uns manches Mal darin, anders als der Durchschnitt zu sein“, zwinkert Kattrin Sippel, wenn sie so über den Hang zur regenerativen Energie spricht. Und sie erlebe, wie interessiert Nachbarn seien: „Ach so, so funktioniert das“, höre sie häufig, wenn Mitmenschen zur Baustelle kommen und sich informierten, was die „anderen Nachbarn“ da so treiben. „Oder Pellets angeliefert werden.“

Wobei man sagen muss: Thoralf Räsch und Kattrin Sippel haben auf ihrem bisherigen Weg immer wieder die negative Erfahrung gemacht, dass es schwer ist, die richtigen Partner, kundige Handwerksunternehmen mit kompetenten Ansprechpartnern zu finden, die den Prozess einer solchen Umstellung begleiten können und mögen. Als es, nur zum Beispiel, um eine neue Heizung ging, habe ein örtlicher Betrieb von Pellets abgeraten und zu Gas drängen wollen. Mutmaßlich, weil man sich dort mit der umweltfreundlicheren Pellet-Variante nicht gut genug auskannte.

Auch Firmen zu beauftragen, die sich mit Begriffen wie „Sektorenkopplung“ befassen – darunter versteht man die energetische Kombination von Strom, Wärme und Mobilität im Haushalt –, war mit Arbeit und zeitlichem Aufwand verbunden. Aufgrund der Erfahrungen mit dem kleineren Speicher in Kattrin Sippels Haus wusste die Familie, dass es wichtig ist, zu schauen, wann eine energieintensive Spülmaschine läuft und wann dann das zu ladende Auto sinnvoll dazu geschaltet werden könnte, will man den Solarstrom optimal nutzen. Doch in diesem „Monitoring“ und bei vielen weiteren Aspekten sind, so die Erfahrungen von Kattrin Sippel und Thoralf Räsch, etliche Anbieter noch immer nicht wirklich „zu Hause“.

Marco Lenz von MANN Naturenergie, über den Kattrin Sippel bereits die Versorgung mit „Grünstrom“ für ihr Haus organisiert hatte, stellte letztlich den Kontakt zur Firma „Enatek“ her, einem Hadamarer Ingenieurbüro, das die gewünschte Funktionalität zu planen vermochte.

Mit vielen Anbietern zu sprechen, sich selbst im Thema „schlau zu machen“, das habe schon einige Zeit in Anspruch genommen, nicken die Bauherren abschließend. Doch nun hätten sie eine perfekte Gesamtlösung. „Man muss halt dranbleiben, sich viele Informationen selbst zusammensuchen – das Thema zum Hobby machen“, hebt Thoralf Räsch hervor. Der Lohn für die Mühe: „Die Weihnachtsgans wollen wir alle zusammen hier im neuen, nachhaltigen Haus essen“, zwinkert Räsch.

Uwe Schmalenbach

Erholung unter uralten Schattenspendern

MIT EINER KOLLEGIN EMPFÄNGT UND BETREUT MATTHIAS WEBER DIE EINTREFFENDEN. FÜR 20 EURO PFAND GIBT ES EINE KARTE ZUM ÖFFNEN DER EINFAHRTSSCHRANKE SOWIE DEN SCHLÜSSEL ZUM SANITÄRGEBÄUDE, UND SCHON KANN DER URLAUB IM WESTERWALD BEGINNEN.

„Hunde? Kinder? Enkel?“, fragt Matthias Weber zwei Neuankömmlinge – ein Paar, das just mit seinem Bulli samt anhängendem Caravan vor der Schranke zum „Campingplatz im Eichenwald“ vorgefahren und jetzt zu Weber ins Anmeldegebäude gekommen ist. „Nein, haben wir alle zu Hause gelassen – wir wollen hier Urlaub machen“, scherzt die Frau. Schnell sind die Formalitäten und Kosten des Aufenthalts geklärt, Matthias Weber zeigt den Urlaubern ihren Stellplatz. Er liegt idyllisch unter mächtigen Laubbäumen.

Im Nachkriegsdeutschland der 1950er- und 1960er-Jahre streben viele Deutsche nach Freiheit, wollen in den Ferien andere Orte sehen, eine „Luftveränderung“. Doch Auslandsurlaub, eine Flugreise nach Italien oder Spanien gar, ist für die Masse damals völlig unerschwinglich. Die Reise im eigenen Land ist deswegen rasch wieder sehr in Mode, allerdings gilt hier ebenfalls: Allzu viel Budget haben die meisten Familien dafür nicht zur Verfügung, weshalb der kostengünstige Campingurlaub (überwiegend im Zelt) im Wirtschaftswunder boomt – wenngleich die besuchten „Plätze“ oft weder offiziell noch mit sanitären Einrichtungen oder ähnlichem ausgestattet waren.

PLATZ GIBT ES REICHLICH, UND ÜBERALL SCHATTEN GEGEN HITZESOMMER. (FOTOS: SCHMALENBACH)

DER OFT STRAPAZIERTE BEGRIFF “IDYLLE” TRIFFT IN MITTELHOF WIRKLICH ZU.

Zwar gab es den legendären „Bulli“ von Volkswagen schon ab 1950, „richtige“ Wohnmobile kommen indes erst zwei Jahrzehnte später auf den Markt. In der Zwischenzeit wird im zur Verbandsgemeinde Wissen gehörenden Dorf Mittelhof der Grundstein für eine bislang 51-jährige Erfolgsgeschichte gelegt: Auf sattgrünen Wiesen, an denen der Osenbacher Seifen vorbeiplätschert, „überdacht“ von mächtigen Eichen, wird 1969 ein Campingplatz auf Besitz des Grafen Hermann Hatzfeldt eingerichtet und – äußerst passend – schlicht „Camping im Eichenwald“ benannt.

„Die Idee ist schon damals gewesen, einen Beitrag zur betrieblichen Diversifizierung zu leisten und neben der Forstwirtschaft ein weiteres Standbein zu schaffen“, erläutert Matthias Weber. Er ist der Leiter der Ferienbetriebe im Hause Hatzfeldt und erinnert sich daran, dass Tourismus in Wissen „schon relativ früh ein Thema“ gewesen sei. Begonnen wurde das Campingangebot auf einer Fläche von acht Hektar, 1971 kamen zwei weitere Hektar Land hinzu. Wie vielen Urlaubssuchenden das Platz biete, vermag selbst Matthias Weber nicht „auf den Wohnwagen genau“ zu sagen, doch das Sanitärgebäude habe eine Kapazität von 1.000 Personen. Herrlich ist die parkartige Atmosphäre, der imposante Baumbestand hier – und ein echtes Alleinstellungsmerkmal! 130 bis 150 Jahre alt sind die Eichen, sie spenden Schatten und schlucken ordentlich Schall. So stört in der ohnehin schon ruhigen Umgebung des Westerwaldes und Siegtals auch keine knallende Autotür von Miturlaubern die Idylle. „Das hören wir immer wieder“, bestätigt der Leiter, „dass es bei uns so schön ruhig ist.”

Geprüfte Barrierefreiheit, Zertifikate von „Eco Camping“, über „Klimafreundlicher Betrieb“, bis hin zum „Naturerlebnis-Betrieb“ zeichnen den Platz aus. Klar: Inmitten so schöner Natur muss auch der Betrieb der Anlage passend ausgerichtet sein. Zwei Photovoltaikanlagen – eine zur Einspeisung ins Netz, eine für den Eigenbedarf – wurden installiert, auf dem Sanitärhaus gibt es ein Gründach, und eine Regenwassergewinnung versorgt die Toilettenanlage. Die platzeigene Holzhackschnitzelheizung sorgt für Wärme aus nachwachsenden Rohstoffen. Und Strom, den die Photovoltaik nicht selbst erzeugt, bezieht der Campingplatz von der Firma MANN und verwendet damit ausschließlich zertifizierten Grünstrom. „Wir haben dafür schon vor Jahren RWE gekündigt“, erzählt Matthias Weber lächelnd.

DEN STROM, DEN DER CAMPINGPLATZ NICHT MITTELS PV SELBST ERZEUGT, LIEFERT MANN NATURENERGIE – AUCH FÜR DIE LADESTATION, AN DER AUTOS WIE FAHRRÄDER BETANKT WERDEN KÖNNEN, ERKLÄRT MATTHIAS WEBER.

Selbstverständlich hängt am Verwaltungsgebäude, in dem die Rezeption untergebracht ist, eine Ladesäule für E-Autos wie E-Bikes, wobei erstere bisher noch selten seien unter den Eichen, wie Matthias Weber einräumt. Auch die Fahrräder, die die Camper mitbringen und hier vor ihren Touren in die Region laden, sind dann mit Grünstrom aus Langenbach unterwegs. „Das Wichtigste für die Gäste ist, dass die sanitären Anlagen sauber sind – das ist das A und O“, berichtet der Leiter der Ferienbetriebe. Von diesen Gästen stammten viele „touristische Camper“ aus einem Umkreis von 200 Kilometern. Doch ebenso seien etliche Niederländer auf dem „Campingplatz im Eichenwald“, die sich, so Weber, „bewusst den Westerwald als Urlaubsregion auswählen, da es so eine Landschaft bei ihnen zu Hause nicht gibt.“

Daneben nutzen gleichermaßen viele Dauercamper die Mittelhofer Anlage. „Das sind Menschen, die ganzjährig den Platz besuchen, überwiegend aus dem Ruhrgebiet, dem Köln-Bonner Raum. Aber selbst Wissener haben hier einen Platz – wenn man den eigenen Kirchturm nicht mehr sieht, ist man in Urlaub!“, lacht Matthias Weber.

DAUERCAMPER FÜHLEN SICH IN DER GRÜNEN KULISSE EBENFALLS SEIT VIELEN JAHREN WOHL.

Nächteweise mietbare Wandererzimmer, eine Ferienwohnung sowie Mietwohnwagen komplettieren das Angebot im Eichenwald. Das Lokal „Lichtung“ direkt an der Zufahrt bietet Speis und Trank, wenn der Campingkocher aus bleiben soll, bei schönem Wetter auf der eigenen Terrasse. Gute Einkaufsmöglichkeiten sind im nahen Gebhardshain (fünf Kilometer Weg) sowie Wissen vorhanden, das Mittelzentrum Hachenburg ist ebenso wenig allzu weit entfernt. Doch vor allen Dingen hat die Vier-Sterne-Campinganlage inmitten des Städte-Dreiecks Köln-Olpe-Limburg eines: sehr, sehr viel Platz in schöner Kulisse. „Eigentlich können wir jederzeit jedem sagen: ‚Ihr könnt kommen‘”, unterstreicht Matthias Weber, dass die üppigen Dimensionen nahezu nie ausgeschöpft werden. Meist blieben die touristischen Camper für zwei bis drei Nächte, schildert er, die niederländischen Gäste seien häufig deutlich länger da. 24 Euro kostet die Übernachtung im eigenen Wohnwagen für zwei Erwachsene.

„Möchten Sie morgen Früh frische Brötchen?“, ist Matthias Weber schon wieder mit den nächsten Campern beschäftigt, die just in Mittelhof angekommen sind. „Es gibt ‚normale‘, Roggen-, Mehrkorn, Rosinen- und Dinkelbrötchen.“ Die, so erläutert der gewinnende Leiter der Ferienbetriebe, liegen dann in einer mit dem Namen der Besteller versehenen Tüte am nächsten Morgen bereit. Und schmecken draußen, im Schatten der jahrhundertealten Eichen, bestimmt besonders gut.

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Im Video erklärt Matthias Weber, was die Camper hier besonders mögen.

Uwe Schmalenbach

Neue und alte Angebote für den Urlaub daheim

Der Blick vom Hedwigsturm auf Bad Marienberg zeigt, wie herrlich grün der Westerwald ist und damit eine tolle Region zum Ferien machen in der Natur – und ohne klimaschädliche Flugreise ins Ausland. (Foto: RPT/Ketz)

Der Blick vom Hedwigsturm auf Bad Marienberg zeigt, wie herrlich grün der Westerwald ist und damit eine tolle Region zum Ferien machen in der Natur – und ohne klimaschädliche Flugreise ins Ausland. (Foto: RPT/Ketz)

„Corona“ hat vieles durcheinandergeworfen, schon bisher manche Existenz gefährdet oder vernichtet und auch jahrelang gepflegte „Urlaubstraditionen“ undurchführbar oder unsicher werden lassen. Darum scheinen sich viele Menschen in Deutschland in diesem Sommer für einen Inlandsferienort zu entscheiden oder statt langer „großer Ferien“ lieber Kurzurlaube und Tagestouren zu unternehmen. Im Westerwald gibt es dafür tolle Ziele, an denen ökologisches Bewusstsein schon Alltag ist.

Im Mai wurden in Deutschland 14.073 „Freizeitfahrzeuge“ – also etwa Wohnmobile – neu zugelassen. Das sind 15,9 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Eine aktuelle Umfrage von „AutoScout24“ hat daneben zum Ergebnis, dass vier von fünf Autohaltern in dieser Saison mit dem eigenen Fahrzeug verreisen und dabei vor allem Ferienorte in Deutschland ansteuern wollen. Es scheint also etwas dran zu sein am „Boom“ des Inlandstourismus. Wenngleich das Thema offenbar sehr heterogen zu betrachten ist und manche Regionen wie beispielsweise das Sauerland über leere Hotelbetten und Restaurants klagen; sicher auch, weil Gruppen- und Geschäftsreisende fehlen. Ein ganz neues Angebot an Übernachtungskapazitäten für Inlandsurlauber entsteht derzeit gerade in der Verbandsgemeinde Bad Marienberg im Norden von Rheinland-Pfalz. Am beliebten Ausflugslokal „STEIG-Alm“ wird eine Herberge im September eröffnet, in der die Nutzung regenerativer Energien so selbstverständlich ist wie das Frühstücksbuffet am Morgen. Schon über sechs Jahrzehnte hingegen bietet ein Kleinod in Mittelhof Touristen eine Bleibe. Dort, auf dem „Campingplatz im Eichenwald“, wird mit Regenwassernutzung oder Grünstrom ebenfalls darauf geachtet, dass der Urlaub eine ökologische Komponente erhält. Das ist den Machern des Kletterparks Bad Marienberg nicht minder wichtig. Darin übernachten zwar nur Vögel in den Baumwipfeln, doch als Ausflugsmöglichkeit für Urlauber in der Region wie für Aktive, die einfach einen tollen Tag in einem Wäller Wald verbringen und diesen aus ungewohnter Perspektive erleben wollen, ist der Kletterpark ein guter Tipp.

Nachhaltige Ferien auf der „STEIG-Alm“

Auf dem Dach des idyllisch gelegenen Hotels befindet sich eine Photovoltaikanlage.

Wer dieser Tage Urlaub in alpinen Gefilden geplant hatte und die lang ersehnte Auszeit „coronabedingt“ absagen musste, sollte vielleicht über einen Besuch in Bad Marienberg nachdenken. Rustikale Behaglichkeit findet man nämlich auch in der dortigen „STEIG-Alm“. Das Ausflugslokal ist seit Jahren ein beliebtes Ziel. Nun wird das Angebot, direkt am beschaulichen Bad Marienberger Wildpark gelegen, um ein Hotel erweitert. Wer sich nach dem Genuss seiner „Schmankerln“ gerne gleich zu Bett legen möchte, muss künftig nur nach nebenan gehen. Und da passend zur Lage am Waldrand in beiden Gebäuden Wert auf „grünes Bewusstsein“ gelegt wird, ist auf der „STEIG-Alm“ die Nutzung regenerativer Energien selbstverständlich.

„Alpen-Feeling“ im Westerwald. Was sich ungewöhnlich anhören mag, ist in Bad Marienberg Realität. Seit 2009 ist das urige Restaurant „STEIG-Alm“ Rast- und Einkehrmöglichkeit für Wanderer, Touristen und Ausflügler, die in der rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinde in die Natur eintauchen wollen. Ganz egal, ob sie „biken“, auf dem überregional bekannten „Westerwald-Steig“ wandern, Tiere im malerischen Wildpark beobachten oder den erlebenswerten „Kletterwald Bad Marienberg“ austesten wollen.

Diese Alpakas gehören zu den vielen Tieren, die Besucher im Wildpark bestaunen können.

Zahlreiche Arten im „Wildpark Bad Marienberg“
In direkter Nachbarschaft zur „STEIG-Alm“ befindet sich der beeindruckende „Wildpark Bad Marienberg“. Wildschweine, Rot- und Damwild, Wisente, Hochlandrinder und weitere Tiere leben hier in natürlicher Umgebung. Ein vier Kilometer langer Rundweg führt an ihnen vorbei durch Wald- und Wiesengelände. Die ganzjährig geöffnete, kostenlos besuchbare Attraktion beherbergt zudem einen Streichelzoo mit Ziegen und Hasen.

Hier, in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesen Attraktionen, eröffnete Stefan Weber im Dezember 2009 sein rustikales Restaurant – eine groß dimensionierte, gediegene Almhütte. Diese fügt sich trotz oder vielleicht gerade wegen ihres alpinen Flairs originell in die waldige Umgebung ein und ist eine beliebte Anlaufstelle. Und so ist es wohl kein Wunder, dass in Stefan Weber der Wunsch reifte, den Aufenthalt der Urlauber mit neuen Übernachtungsmöglichkeiten zu optimieren. „Es kam immer wieder von vielen unserer Restaurant-Gäste die Nachfrage nach Hotelzimmern in der Nähe“, erzählt Lukas Weber, der Sohn des Inhabers, der tatkräftig im elterlichen Unternehmen mithilft. „So ist bei meinem Vater die Idee entstanden, der ,STEIG-Alm‘ einen Hotelbetrieb anzufügen.“ Schon bald dürfen sich Reisende in Bad Marienberg daher über das „Restaurant und Hotel STEIG-Alm“ freuen: Im kommenden September soll die neue Herberge eröffnet werden. 22 Zimmer bieten Komfort und Erholung in dem 1.400 Quadratmeter umfassenden Hotel. Darunter ein „Hochzeitszimmer“ und drei Familienzimmer. Letztere sind zusammengehörende Räume, die voneinander separiert werden können, was besonders Eltern mit Kindern optimale Rückzugsmöglichkeiten bietet. Moderne Holzmöbel, gemütlich-warme Beleuchtung und viele liebevolle „Alpen-Details“ betonen die Atmosphäre des Ambientes. Ein Ruhe- und ein Fitnessraum ergänzen das Angebot, eine Außensauna gibt es ebenso. „Das Haus wird am Ende ein Drei-Sterne-Plus-Hotel sein“, freut sich der Betreibersohn.

Die Zimmer versprühen rustikales Flair.

Da Lokal und Hotel ein Ensemble bilden, passe der Neubau natürlich auch bestens zu dem typischen Charme der „STEIG-Alm“, lächelt Lukas Weber: „Das Restaurant ist rustikal-alpin, und das Hotel wird modern-alpin sein. Es ist eine Gesamtheit.“ Ebenso konsequent fortgesetzt wird die nachhaltige Bewirtschaftung, der sich das „STEIG-Alm“-Team seit jeher verschrieben hat. Eine Lokalität, die sich buchstäblich im Einklang mit der Natur befinde, erfordere schließlich ein ökologisches Bewusstsein der Menschen, die sich hier aufhielten, betont Lukas Weber. „Unser Restaurant haben wir daher schon lange zu 100 Prozent mit grünem MANN-Strom betrieben“, erläutert der 25-Jährige. „Unser Bedarf ist allein im Restaurant einiges mehr als 100.000 Kilowattstunden.“ Der gleiche Netzanschluss werde nun auch für das Hotel verwendet, damit in den Zimmern ebenfalls Grünstrom genutzt wird. „Wir setzen uns gerne für den Umweltschutz ein. Das ist auch für das eigene Gewissen als Betreiber ganz wichtig. Wir wollen einen Beitrag leisten“, so Weber.

Die künftige Herberge setzt nicht nur drinnen, sondern auch draußen auf Ökostrom: Hier entstehen zwei Ladsäulen für E-Autos. (Fotos: de Wit)

Das ökologische Konzept setzt sich im neuen „STEIG-Alm“-Hotel noch auf weiteren Ebenen durch – eine Pelletheizung ist installiert, in der künftig „Westerwälder Holzpellets“ für wohlige Wärme in der Herberge sorgen sollen. Sämtliche Räume werden mit LED-Leuchten illuminiert, beim Frühstücksangebot soll es keine Einwegprodukte geben. Darüber hinaus werden vor dem Hotel zwei Ladesäulen für Elektroautos bereit stehen. „Und auf dem Sonnendach haben wir eine 30-Kilowatt-Photovoltaikanlage anbringen lassen. Auf der anderen Seite des Hauses haben wir ein Gründach“, fügt Lukas Weber hinzu. Apropos Grün: Nicht nur die direkten „Nachbarn“ der „STEIG Alm“ – Wildpark und Kletterwald etwa – bieten Ausflüglern Naherholung in der Natur. Nur ein paar Meter von Hotel und Restaurant entfernt schwirrt und summt es zudem über einem farbenfrohen Blütenmeer: Hier hat das Team eine zauberhafte Blumen- und Bienenwiese angelegt.

Lukas Weber zeigt ein Bad-Fenster, das man vom Schlafzimmer aus öffnen oder schließen kann.

„Die haben wir letzten Sommer selbst ausgesät. Die Leute, die herkommen, finden den Platz ganz toll“, freut sich Lukas Weber. Staunen können die Betrachter dann gleichfalls über das ausgemusterte Feuerwehrfahrzeug, das vor dem Hotel steht. „Das verwenden wir für die Bewässerung der Wiese, indem Regenwasser aus einer Zisterne genutzt wird“, veranschaulicht der Wäller. Den Besuchern des Restaurants und Hotels „STEIG Alm“ dürften diese nachhaltigen Konzepte sehr zusagen. „Es ist für viele Gäste immer mehr ein Kriterium, dass die Lokalität umweltfreundliche Standards einhält“, hat Lukas Weber beobachtet. „Es gibt einige Firmen, die extra darauf schauen.“ Zahlreiche Reservierungen seien bereits verbucht worden für die neue Übernachtungsdestination. Sogar an den Weihnachtstagen und Silvester gebe es Anmeldungen.

Eine Pelletheizung sorgt für wohlige Wärme im Hotel.

Die Webers freuen sich über das überregionale Interesse am Westerwald und an Bad Marienberg. Obwohl einige Menschen wegen der herrlichen Natur anreisten, sei die Gegend rund um die „STEIG-Alm“ keineswegs überlaufen. „Das ist hier auf jeden Fall ein ,sanfter‘ Tourismus. Die Leute schätzen die Ruhe“, schildert Lukas Weber. Diese, gepaart mit tollen Attraktionen wie Wildpark oder Kletterwald, ergebe eine perfekte Mischung, ein „Gesamtpaket“ für Inlandstouristen, die zudem Wert auf ein gleich in zweierlei Hinsicht „grünes Erleben“ legen.

Ein besonderes Vergnügen sei es übrigens, vom neuen „STEIG-Alm“-Hotel den Blick in die Ferne schweifen zu lassen, teilt Lukas Weber abschließend noch sein ganz persönliches Highlight mit. Abends mit einem Glas Wein auf einem der holzverkleideten Balkone zu sitzen und den Sonnenuntergang über dem Westerwald zu beobachten, sei einfach zu schön, erzählt der 25-Jährige, und er weiß, wovon er spricht. „Ich habe es erst gestern selbst wieder ausprobiert“, lacht er.

Die Blumen- und Bienenwiese wird von Spaziergängern und Tieren gleichermaßen geschätzt.

Uwe Schmalenbach

Viel Platz – auch für noch mehr Säulen

„Wir wissen es nicht: Vielleicht müssen wir bald noch zehn Ladesäulen hinstellen, wenn wir hier weiter wachsen und der Bedarf entsteht“, meint Thomas Gast und blickt über eine 30.000 m² große, üppig von wilden Pflanzen bewucherte Brachfläche im Koblenzer „Industriegebiet an der A 61 – Zaunheimer Straße“. „Das Grundstück gehört uns ebenfalls schon.“ Und auch Ladesäulen für Elektroautos sind bereits vorhanden: An das für eine Erweiterung zur Verfügung stehende Areal angrenzend, hat Gasts Arbeitgeber, die „Straßenverkehrsgenossenschaft Rheinland e. G.“ (SVG), im Februar einen komplett neu errichteten Standort seines Fahrschulzentrums in Betrieb genommen – mit Ladepunkten für Elektrofahrzeuge.

Rund um die SVG-Gebäude in Koblenz Metternich ist reichlich Raum für eine Expansion vorhanden. (Fotos: Schmalenbach)

Die Säulen stammen von MANN Naturenergie. “Wir haben somit Ökostrom, preislich passt es außerdem, und die Betreuung durch das Unternehmen gefällt uns gleichermaßen”, begründet Thomas Gast die Auswahl des Anbieters.

Vermutlich wird mancher Autofahrer, wenn er auf das Signet der SVG blickt, denken: „Das Logo kenne ich doch!“ Etwa, weil er schon einmal an einem SVG-Autohof getankt hat. Ebenso mutmaßlich wissen die allermeisten Fahrzeuglenker jedoch nicht präzise, was genau die SVG ist, in welchen Bereichen die Genossen aktiv sind. Es geht schon damit los, dass es „die“ SVG gar nicht gibt, sondern, neben der in Koblenz ansässigen rheinischen, bundesweit 14 weitere regionale Straßenverkehrsgenossenschaften, die sich alle mit der Aus- und Weiterbildung, Arbeitssicherheit, Fördermittelberatung, Mautabrechnung oder mit Transportversicherungen befassen. Der „nach außen“ womöglich bekannteste, „sichtbarste“ Tätigkeitsbereich – der Betrieb von Autohöfen und Tankstellen – ist also nur einer unter vielen.

Allein die SVG Rheinland, deren Vorstandsassistent Thomas Gast ist, hat, inklusive der „SVG Fahrschulzentrum Rheinland GmbH“, vier Tochtergesellschaften und hält zahlreiche Beteiligungen, unter anderem an der „Wäller Energiegenossenschaft“. Ebenso vielfältig wie die Aktivitäten der Genossenschaft sind ihre aktuell 129 Mitglieder, die Taxi-, Speditions- oder Fuhrunternehmen sein müssen, um sich der Vereinigung anschließen zu können. Die Spedition von Thomas Mann, dem Bruder des Chefs von MANN Naturenergie, gehört beispielsweise der SVG Rheinland an. „Es gibt ein breites Spektrum in unseren Reihen. Es sind Unternehmen mit drei Lkw dabei, ebenso welche mit 60“, verdeutlicht Thomas Gast.

Auf dem eigenen Verkehrsübungsplatz trainieren LKW- oder auch Busfahrer.

Der Vorstandsassistent berichtet, dass allein im Geschäftsjahr 2019 652 Fahrschüler von der SVG Rheinland ausgebildet wurden – auf Pkw, Lkw oder Bussen. 6.581 Teilnehmer erhielten eine Schulung nach dem „BKrFQG“, was für den restlos ungelenken Begriff „Gesetz über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güterkraft- oder Personenverkehr“ steht.

Die Qualifizierungsmaßnahmen, die die SVG Rheinland anbietet, betreffen unter anderem Gefahrgutseminare ebenso wie Lehrgänge zur Ladungssicherung, es gibt eine Gabelstaplerausbildung oder fachspezifische Sprachkurse, hinzu kommen Qualifikationsmaßnahmen für Servicefahrer (die später im „Sprinter“ unterwegs sind), Schadenpräventionstrainings und anderes.

Im SVG-Areal ist ebenso der Fahrzeugteilehandel mit seinem Lager untergebracht.

Die Organisation hat mit dem Berufskraftverkehr eine Menge Berührungspunkte, wird von Kunden stark frequentiert, und da war es an der Zeit, ein neues Fahrschulzentrum für Berufskraftfahrer zu errichten, nachdem der Standort des „Hauses des Straßenverkehrs“ aus dem Jahr 1958 mitten in der Koblenzer City liegt (dort hat die Genossenschaft ihren Hauptsitz) und keine Erweiterungsmöglichkeiten bietet. „Auch unsere Schulungsräume in der Innenstadt reichten nicht mehr aus“, schildert Thomas Gast. So sind an der aktuellen Stätte ebenfalls Büro- und Seminarräume gebaut worden. Hinzu kommt ein Fahrzeugteilehandel der „SVG EUROPART“ mit Lager und Sozialräumen.

Im Industriegebiet in Koblenz-Metternich gibt es nun also reichlich nutzbaren Platz auf dem neuen Verkehrsübungsgelände, das Autobahnkreuz Koblenz liegt quasi in Sichtweite, es existiert mithin eine hervorragende Verkehrsanbindung. Für Lehrgangsteilnehmer oder andere Besucher stehen große Mengen Parkplätze bereit – und an vier davon Ladesäulen für Elektroautos.

Übersicht über das neue Gelände am Autobahnkreuz Koblenz, das im Februar in Betrieb genommen wurde. Die SVG Rheinland hat im Geschäftsjahr 2019 rund 15 Millionen Euro umgesetzt und inklusive Auszubildenden 32 Mitarbeiter beschäftigt. Die gesamte Gruppe hatte Einnahmen im dreistelligen Millionenbereich und 80 Beschäftigte. (Foto: SVG)

Wer immer hier mit dem E-Mobil vorfährt, kann die Dauer seines Aufenthaltes zum Laden nutzen. Vier „Wallbe“-Boxen liefern jeweils bis zu 22 Kilowatt (kW) – und das aus „Grünstrom“. Denn die Säulen werden von MANN Naturenergie betreut und gespeist, so dass die Elektromobilität bei der SVG Rheinland von vornherein vollständig auf zertifizierten Ökostrom baut.

Die SVG Rheinland ist auch Stromkunde bei MANN Naturenergie.

Wenn Kunden, Seminarteilnehmer mit E-Autos kommen, wollen wir denen die Möglichkeit zum Laden geben“, erläutert Thomas Gast, warum die vier Ladesäulen vorgesehen worden sind. „Wir planen darüber hinaus langfristig – auch für zukünftige Fahrschulfahrzeuge, die ja in einem überschaubaren Radius bewegt werden und nachts geladen werden könnten, wäre die E-Mobilität sinnvoll. Das ist für uns ein Thema. Und die Elektromobilität gehört unserer Meinung nach ohnehin in das Gesamtpaket, was fortschrittliche Technologien am neuen Standort angeht.“ Dort gebe es daher außerdem Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern, die nach bisheriger Einschätzung 60 Prozent des gesamten Strombedarfs decken werden, der etwa beim Beleuchten wie Klimatisieren von Seminar- oder Besprechungsräumen anfällt.

„Es war ein erster Schritt“, unterstreicht Vorstandsassistent Gast noch einmal, „falls mehr Ladekapazitäten gebraucht werden, stellen wir auch mehr Säulen auf.“ Das passiert in Kürze schon einmal am SVG-Hauptsitz aus dem Jahr 1958 in der Koblenzer Innenstadt: Dort werden zwei weitere Ladesäulen von MANN errichtet.

Uwe Schmalenbach