Florian Höfer zieht mit seinem neuen elektrischen Firmenwagen (siehe Seite 2) einen Anhänger über den Hof vor dem MANN-Verwaltungsgebäude. Der „Nachläufer“ sieht auf den ersten Blick nach einem üblichen Kastenanhänger aus – wären da nicht Solarpanels an mehreren Seiten.
Ruben Ermert hatte im zurückliegenden September damit begonnen, sich mit dem „Azubi-Projekt“, wie sein Chef Markus Mann das Vorhaben augenzwinkernd gerne nennt, zu befassen. „Natürlich seither nicht durchgängig die ganze Zeit, sondern immer mal wieder“, schmunzelt der Mitarbeiter der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP). „Dem Markus (Anm. d. Red.: Gemeint ist WWP-Chef Markus Mann) ging es generell auf die Nerven, dass auf irgendwelchen Wald-Partys oder Festen für die Stromversorgung irgendwelche rappelnden Diesel-Aggregate laufen. Es stinkt, es pustet Abgase in die Umwelt!“
Stattdessen könnte zukünftig das „Mobile Sonnenaggregat“, das Ruben Ermert inzwischen vorführen kann, Öko-Strom produzieren – und über eine besondere Batterie im Inneren auch speichern.
Florian Höfer hat den Anhänger abgekuppelt, und Ruben Ermert bringt an dessen beiden Längsseiten klappbare Solarpanels in Position. Die Module werden in einem 45-Grad-Winkel zum Anhänger ausgeklappt, so dass die Solarzellen nicht allein zur Mittagszeit eine nennenswerte Leistung produzieren, sondern den ganzen Tag „die Sonne ordentlich drüberlaufen kann“, wie Ermert das bodenständig formuliert. „So gibt es relativ lange eine schöne Leistung.“ Die liegt in der Spitze („Peak“) bei immerhin 4.000 Watt.
Doch anders als bei einem herkömmlichen und CO2 emittierenden Diesel-Aggregat steht diese Energie nicht nur zur sofortigen Nutzung bereit: Im Innern des Anhängers hat Ruben Ermert ein großes Speichersystem eingebaut. 9,75 Kilowattstunden kWh) beträgt dessen Kapazität. Das ist genug Energie, um zum Beispiel eine moderne LED-Straßenleuchte weit über ein Jahr Tag und Nacht durchgängig leuchten zu lassen, selbst wenn kein neuer Solarstrom mehr eingespeist würde!
Modellhaft stellt das „Mobile Sonnenaggregat“ quasi ein „kleines Haus“ dar, das mit einer Photovoltaik-Anlage und einer Speicherlösung ausgerüstet ist. Außen gibt es sogar eine Wallbox zum Laden von E-Autos. Das Aggregat diene daher neben dem praktischen Nutzen als Ersatz für umweltschädliche Diesel-Geräte zugleich zum Ausprobieren, wie man mit einer solchen Speicherlösung insgesamt umgeht: „Für uns ist das ‚Mobile Sonnenaggregat‘ sehr gut zum Lernen geeignet“, nickt Ermert. Zudem könne man so Kunden zeigen, was heutige Speicherlösungen bringen – im Prinzip auch in jedem Wohngebäude, in dem etwa selbsterzeugter Öko-Strom aus einer Photovoltaikanlage bis zu seiner Nutzung „geparkt“ werden soll.
Ein 9-kW-Wechselrichter ist im Anhänger bereits verbaut, an einem freien Steckplatz daneben könnte ein zweiter eingesetzt werden, so dass der Speicher in der Lage ist, bis zu 18 kW Leistung aus Photovoltaik weiterzugeben! Damit lassen sich selbst mehrere „stromhungrige“ Haushaltsgeräte wie etwa ein Kaffeevollautomat, eine Spülmaschine und ein Backofen zugleich betreiben.
Eine weitere Besonderheit des von ihm betreuten Projekts ist laut Ruben Ermert auch die Eignung als „Insellösung“, die für private Anwender wie Gewerbebetriebe sehr interessant sein könnte: „Wir haben hier einen so genannten ‚schwarzstartfähigen Inselbetrieb‘. Das bedeutet, dass ich dieses System ohne eine Energiezufuhr von außen und komplett unabhängig von einem Stromnetz, das die entsprechenden Werte für die Spannung und die Frequenz liefert, starten kann. Ich kann den Anhänger also im wahrsten Sinne des Wortes auf die grüne Wiese fahren und, so sagt man, ‚aus dem Schwarzen‘ hochfahren.“
Selbst, wenn das Stromnetz etwa des örtlichen Energieversorgers einmal unerwartet „down“ ist, kann der Speicher, der beim „Azubi-Projekt“ verwendet wird, jederzeit angeschlossene Geräte mit Strom versorgen – und bietet damit eine hohe Ausfallsicherheit. „Bei ‚normalen‘ Speicherlösungen, die diese Fähigkeit als schwarzstartfähige Insellösung nicht aufweisen, wird das System nicht vom Netz getrennt. Kommt es dann zu einem Stromausfall im Netz, dann ist das ‚Backup‘ über den Akku, obwohl er geladen ist, ebenfalls weg“, erläutert Ruben Ermert noch einmal. Grund sei, dass der Wechselrichter des Akkus, der aus dem „eingelagerten“ Gleichstrom dreiphasigen Wechselstrom mache, in bisherigen Speicherlösungen die Frequenz des öffentlichen Stromnetzes brauche, um zu arbeiten. „Dieses Gerät hier kann hingegen selbst die benötigte Spannung einstellen und ebenfalls die für den bei uns üblichen Wechselstrom erforderliche Sinuswelle selbst generieren. Darum braucht es kein Netz, um zu funktionieren.“
Überdies sei ein Puffer eingebaut, der dafür sorge, dass beim Zuschalten von Verbrauchern die Stromspannung und -frequenz nicht einbrechen. „Fällt die Spannung durch Einschaltvorgänge ab, kann es nämlich passieren, dass irgendwelche Geräte, die ebenfalls dranhängen, nicht mehr funktionieren.“ Das werde beim „Mobilen Sonnenaggregat“ verhindert, betont Ermert.