Von „MANN Naturenergie“ habe sie schon oft gehört, berichtet Katrin Eder schmunzelnd. Das Unternehmen im Westerwald, das sich mit erneuerbaren Energien befasst, „musst du dir einmal ansehen“, habe man ihr empfohlen, schildert die rheinland-pfälzische Umweltministerin (Bündnis 90/Grüne) weiter, während sie mit Markus Mann und einigen seiner leitenden Angestellten zum Meinungsaustausch in der Alten Schule am Firmensitz Langenbach zusammentrifft.
Wie es sich für eine Umweltministerin heutzutage geziemt, ist Eder dort in einem Elektroauto vorgefahren. Sie sei indessen das erste Mitglied der Mainzer Landesregierung gewesen, das einen vollelektrischen Pkw nutzt, so die Politikerin. Und schon entspinnt sich eine lebhafte Diskussion rund um die kleinen und großen Hürden der Energiewende, Erfahrungen mit dem Netz der Ladestationen oder den Reichweiten im Winter, die die zur MANN-Gruppe gehörenden „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) bislang im Schwerlastverkehr gemacht haben. Denn die WWP nutzen inzwischen für sieben von zwölf ihrer Lkw vollelektrische Modelle (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete).
Die Ministerin ist sehr interessiert an der Frage, woher die WWP das Holz, den nachwachsenden Rohstoff für ihr Sägewerk beziehen können und wie die Situation der Wälder im Westerwald oder dem benachbarten Sauer- und Siegerland ist. Markus Mann erläutert, dass das Holz zukünftig von weiter weg kommen müsse, da die heimischen Wälder im Prinzip tot seien. Und dass sein Unternehmen darum ambitionierte Bahnpläne verfolge, bei denen eine alte Trasse der „Westerwaldbahn“ dereinst für den Rundholztransport zum Werk in Langenbach bei Kirburg genutzt werden solle, jedoch einige wenige Kommunalpolitiker dagegen kämpfen würden (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete).
Ob es ihr Politikstil, eine Seite ihrer Persönlichkeit, die gereifte Einsicht, dass Politik besser vermittelt werden muss, als das speziell die Grünen (auf Bundesebene) zuletzt vermocht haben, oder eine Mischung aus allen Aspekten ist? Wie auch immer die Antwort lautet, fällt bei allen zwischen der Ministerin und dem Energiepionier diskutierten Themen auf, dass Katrin Eder recht viel nachfragt. „Was meinen Sie, woran das liegt?“ „Woran hängt es?“ „Was müssen wir ändern? Wir sind in der Politik dazu da, die Gesetze passend zu machen.“ Solche und ähnliche Sätze fallen an diesem frühen Nachmittag vielfach. Eder macht sich unterdessen viele Notizen zu den Dingen, die sie beim Besuch von „MANN Naturenergie“ erfährt (siehe dazu auch das Interview auf den Seiten 4 bis 6 in der neuen „Wäller Energiezeitung“-KOMPAKT).
Mann und seine Mitarbeiter führen unter anderem das Beispiel des Zubaus von Photovoltaik im Arealnetz des Unternehmens an. Dabei werde man mit Problemen konfrontiert wie dem Hemmnis, dass das sogenannte „Insel-Netz“ der Firma jedes Mal von neuem zertifiziert werden müsse (was mit erheblichen Kosten und Verzögerungen verbunden ist), wenn auf einer freien Dachfläche auch nur zehn Kilowatt zusätzliche Leistung durch Solarmodule installiert werden sollen. „Jetzt erklären Sie mir das nochmal“, sagt Katrin Eder abermals. Und scheint tatsächlich überrascht zu sein, dass solche und ähnliche Beschwernisse all jenen Unternehmen zu schaffen machen, die bereits versuchen, in ihrem eigenen Verantwortungsbereich verstärkt erneuerbare Energien einzusetzen.
Bei allen problematischen Punkten kann die Umweltministerin des Landes auch positive Beobachtungen darlegen. Etwa von einer Akzeptanzstudie, die ihr Ministerium hat durchführen lassen. Demnach habe die große Mehrheit der Rheinland-Pfälzer (69 Prozent) keine Angst mehr vor gehäuften Stromausfällen durch immer mehr Ökostrom in den Netzen. So jedenfalls die Studie, die das Landesumweltministerium in Auftrag gegeben hat und für die die „Forsa Politik- und Sozialforschung GmbH“ vom 3. bis zum 26. Mai 2023 rund 2.500 Rheinland-Pfälzer über 18 Jahre befragt hat.
2019 war Katrin Eder noch Umwelt- und Verkehrsdezernentin der Landeshauptstadt. Während des sich an die Diskussion in der Alten Schule anschließenden Betriebsrundgangs erzählt sie davon, wie sie seinerzeit die Einführung des ersten vollelektrischen Müllwagens in Mainz begleitet habe. Kurz darauf bleibt sie, an einem ebenso elektrisch angetriebenen Nutzfahrzeug, stehen, zückt das Smartphone und fotografiert einen der nagelneuen „Volvo Electric“ des Langenbacher Energieversorgers WWP.
Schon seit der ersten „Windmühle“, die Markus Mann vor fast 33 Jahren in seinem Heimatdorf aufstellen ließ, gab es dort stets etwas Neues, Ungewöhnliches, zuweilen Experimentelles zu sehen, das immer mit „grüner“ Energie und der Energiewende zu tun hatte. Und das dem Anschein nach selbst eine Fachpolitikerin wie die Umweltministerin des Landes zuvor noch nicht in der praktischen Anwendung betrachten konnte.
Nach einigen weiteren Fotos wie jenen von den vertikal montierten Photovoltaik-Modulen, die in kreisrunder Anordnung an den großen WWP-Pelletsilos hängen, ist die Besuchszeit um, der Dienstwagen Katrin Eders unterdessen mit „MANN Strom“ wieder aufgetankt und bereit für die Weiterfahrt zum Anschlusstermin, bei dem es um die Landwirtschaft gehen soll.
Zwei Stunden danach sind bereits die nächsten Besucher in Langenbach angekündigt: Eine Gruppe der CDU will ebenso erfahren, wie Markus Mann und sein Team an der Energiewende im eigenen Bereich arbeiten; und dabei manche Lösung erproben, die auch im großen Stil eingesetzt werden könnte.
Uwe Schmalenbach