Markus Mann ist geschäftsführender Gesellschafter der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP). Mit dem Pelletpionier – er produzierte vor 20 Jahren als erster in Deutschland großtechnisch die klimafreundlichen Presslinge – sprach Uwe Schmalenbach über eine angebliche Verknappung des Brennmaterials, von der in manchen Medien in diesen Tagen die Rede ist.
Schaut man auf die Zahlen des „Deutschen Pelletinstituts“ (siehe Grafik), hat man den Eindruck, dass Pellets „in“ sind. Stimmt diese Wahrnehmung?
Ja – endlich, nach genau 20 Jahren, die wir nun Pellets machen, merken wir, dass der Durchbruch vollends geschafft ist.
Wie haben Sie diese zwei Jahrzehnte währende Entwicklung erlebt?
Das war ein total schwieriger Prozess, denn das Auf und Ab zwischen Absatz auf der einen und neuen Produktionskapazitäten auf der anderen Seite war nicht einfach planbar. Man merkte, es gab neue Nachfrage, mehr Pelletkessel, es wurde also mehr Brennstoff gebraucht – aber auf einmal haben plötzlich potenziell Rohstoffe Besitzende gesagt: „Super, dann baue ich auch ein Pelletwerk.“ Und dann herrschte wieder Überkapazität am Markt… Diese 20 Jahre sind eigentlich immer von einer Überkapazität geprägt gewesen. Extrem hat dazu außerdem die Importware beigetragen.
Wie viele Pelletwerke gibt es in Deutschland?
Mittlerweile um die 70. Der Pelletmarkt weltweit liegt aktuell bei etwa 45 Millionen Tonnen, der in Deutschland bei drei bis 3,3 Millionen Tonnen. Was mir wehtut: Wenn Pellets vom Weltmarkt in Kraftwerken quasi nur verstromt werden und die Wärmeenergie nicht genutzt wird! Dann haben sie einen schlechten Wirkungsgrad. Das geschieht vor allen Dingen in England und in den Niederlanden. Das sind große Mengen, die dort in die Verstromung reingehen.
Sind internationale Pellethersteller Konkurrenz für die WWP?
Wir haben immer wieder so Phasen erlebt, in denen Ware aus dem Baltikum, aus Russland, Kanada, USA auftauchte – stets dann, wenn bei uns der Spänepreis ein wenig hochging. Dann kamen Schiffsladungen den Rhein hoch bis nach Basel, den Neckar rauf bis nach Stuttgart. In den letzten fünf Jahren war die Situation da aber entspannt. Da waren es eher Lastwagenladungen aus Osteuropa. Doch da sind die Wege, unter anderem wegen der Konflikte zwischen Weißrussland und der EU, derzeit etwas unterbrochen.
…was zeigt, wie wichtig eine Versorgung aus dem Inland ist?
Ja, denn plötzlich ist der Lkw-Verkehr aus dem Osten nicht mehr so flüssig. Was dazu beitragen könnte, wenn die Pelletvorräte in diesem Winter mal etwas knapper ausfallen.
Lohnen sich Pellets aus dem Ausland preislich überhaupt?
Es ist ein riesiger Qualitätsunterschied! Also der Premium-Kunde, der seine fünf Tonnen im Jahr verheizt oder daheim seine zwei Paletten Sackware benötigt, der muss wirklich gucken, dass er höchste Qualität bekommt. Ware aus dem Ausland, die mehrfach umgeschlagen wird, wird dabei kurzbrüchig, dann sind mal Fremdkörper drin, es gibt Störungen im Brenner.
Noch einmal zurück zum Boom von Pelletheizungen: Gibt es genug Brennstoff bei dem steigenden Verbrauch bei uns? Und Rohstoffe für die Pelletproduktion?
Mit diesem Wachstum im Verbrauch muss auch das Wachstum der Produktionskapazitäten mithalten können. Aber wenn ich heute die Idee habe, ein Pelletwerk zu bauen, brauche ich – bis ich überhaupt einen Bauantrag stellen kann – ein gutes Jahr für Planung und Organisation. Dann benötige ich eine Baugenehmigung, und nach der Bundes-Immissionsschutzverordnung ist das auch noch eine „BImSchV“-Genehmigung, was das Verfahren verkompliziert. Dann gibt es den einen oder anderen neuen Standort in Deutschland, der zunächst noch eine Bürgerinitiative gegen sich hat. Wir Deutschen steigen ja aus ziemlich viel aus, aber nicht so gerne in Neues ein – jedes Windrad wird beklagt. Ich staune ja fast, dass die PV-Anlagen auf den Dächern noch nicht beklagt werden, weil sie „komisch reflektieren“. (schmunzelt) Aber zurück zum zeitlichen Ablauf: Sie haben heute die Idee, in einem Jahr die Genehmigungsunterlagen eingereicht, und dann der unbekannte Fortgang, ob es zwei, drei oder vier Jahre dauert, bis man wirklich mit dem Bau beginnen darf. Die Zeithorizonte sind da, bis man ein neues Werk hat, und darum dauert es auch drei oder vier Jahre, bis man die Produktionskapazität bundesweit an eine steigende Nachfrage anpassen kann.
Was ist mit den bestehenden Werken? Kann man da hochfahren?
Die laufen fast alle rund um die Uhr, sieben Tage die Woche. Das sind „Dauerläufer“, die auf Temperatur bleiben müssen, und vieles mehr; man kann sie also nicht einfach zum Wochenende abschalten und Montagmorgen wieder einschalten. Und man kann auch nicht nach Belieben 30 oder 40 Prozent mehr Pellets damit pressen.
Aber soweit ich weiß haben die WWP doch ihre Kapazitäten alleine dadurch erhöht, dass Sie die Produktion optimiert haben…
Also, wir haben über die Zeit hier in Langenbach um die 37.000, 38.000 Tonnen im Jahr gemacht. Da waren wir schon stolz und froh. Dieses Jahr werden wir irgendwo bei 46.000 Tonnen herauskommen – das ist durch Finetuning erreicht worden.
Wie das?
Wir haben noch ein paar Ecken gefunden, wo „Flaschenhälse“ in der Produktion bestanden haben, die wir optimieren konnten. Doch auch dabei hängt es an Lieferzeiten für Komponenten, an Manpower – das alles wird immer noch von Menschen gemacht, die nicht alle in der Reihe Schlange stehen und warten, dass sie loslegen können.
Haben die Veränderungen, die jeder beim Spaziergang oder Mountainbiken im Wald sieht, Auswirkungen auf die Pelletkapazitäten? Ich brauche letztlich auch gesunde Bäume als Quelle der Rohstoffe für die Pellets…
Ich kann im Grunde fast jedes Holz außer das der Pappel einsetzen, um schöne Pellets zu machen. Ich muss die Maschine anpassen und sehen, dass das Holz sauber behandelt wird. Der Wandel, der jetzt in den Wäldern stattfindet, führt dazu, dass auch andere Holzarten bei der Durchforstung geschlagen werden. Für die Pellets sind die alle gut. Ein Sägewerk wird schon eher Probleme bekommen, immer in der passenden Menge die passenden Stämme zu beschaffen. Wir haben ein Konzept in der Säge, wo alles reinpasst, es wird jedoch nicht für jeden Pelletierer und Säger so einfach gehen.
Für „Westerwälder Holzpellets“ gibt es also selbst dann genug Nebenprodukte aus der Säge, wenn die benötigten Mengen weiter steigen?
Ja, ja. Bei den vorhin besagten drei bis 3,3 Millionen Tonnen Pellets, die zur Zeit produziert und verkauft werden in Deutschland, haben wir ein recht leicht erreichbares Potenzial von neun bis zehn Millionen Tonnen. Wenn man das ausdehnen will, sind laut einer Erhebung des Pelletverbandes 15 bis 17 Millionen drin. Natürlich: Holzpellets können nicht den gesamten deutschen Wärmemarkt und zugleich auch noch die gesamte Prozesswärme für die Industrie decken. Aber 20 bis 25 Prozent des deutschen Wärmemarktes können mit Holzpellets versorgt werden. Und da wir nicht die Innenstadt von Köln mit Pellets beheizen, sondern eher im ländlichen Raum unterwegs sind, passt das bei uns perfekt. Dort, wo früher eine Ölheizung im Keller gewesen ist, da ist Platz für Pellets vorhanden und für den Brenner daneben. Darum sind Pellets der perfekte Brennstoff für den ländlichen Raum.
Klingt alles gut – dennoch liest man in diesen Tagen von Kunden, die angeblich Probleme haben, ihren Pelletbunker zu füllen…
Ja, das ist interessant… Wir schauen uns das genau an: Es gab hier im Westerwald rund 25 Anbieter. Aber wir haben in den letzten Wochen gesehen, dass sich einige zurückgezogen haben. Die haben scheinbar nicht gut vorgesorgt – und offenbar nicht genug in ihren Lagern.
Wie sieht es in den silbernen Silos der WWP aus, die hier vor Ihrem Fenster in den Herbstnebel ragen?
Wir haben unseren Bedarf frühzeitig hochkalkuliert aufgrund des Wachstums an Pelletheizungen – und haben unsere Silos dementsprechend gefüllt. So werden wir unsere Kunden bedienen können. Was wir nicht können: Wahllos Neukunden versorgen, die sonst nur auf den billigsten Preis geschielt haben und nun anderswo nichts mehr kriegen. Da gucken wir uns genau an, ob diese Menschen noch reinpassen mit ihren Bestellungen oder nicht. Die Stammkundschaft wird definitiv bevorzugt!