Mancher wundert sich: Kosteten Holzpellets vor vier bis fünf Jahren (je nach Menge und Abladeort) zwischen 200 und 250 Euro die Tonne, reißt dieselbe Menge in Kürze wohl die Marke von 500 Euro (wenngleich die mit Pellets erzeugte Wärme weiterhin erheblich günstiger ist als bei Öl und Gas – siehe Grafik). Was ist da passiert?
Bei den „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) ist zu erfahren, dass alleine die Rohstoffe für die Pelletproduktion inzwischen drei- bis viermal so teuer seien wie einstmals. Das „Kalamitätenholz“, das Borkenkäfer und Trockenheit in besonders großer Menge hatten anfallen lassen, sorgte damals vorübergehend für einen historischen Tiefstand bei den Rohstoffkosten. Doch auch andere Verarbeitungsfaktoren sind für die Pelletproduzenten erheblich teurer geworden – von Schmierstoffen bis zu Ersatzteilen.
Ein Beispiel für die Kostenexplosion saust gerade in sattem Blau über den Rundholzplatz bei den „Westerwälder Holzpellets“: Ein Holzumschlagsbagger, den das Unternehmen 2021 anschaffte. Er hat 270.000 Euro gekostet. „Die Maschine ersetzt einen alten Bagger, der nun nur noch Reservebagger ist. Jetzt soll der 2021er-Bagger seinerseits bald zur Reserve werden, wir haben deswegen abermals einen neuen bestellt“, erzählt Markus Mann, Chef bei den WWP, „weil der alte bald wirklich alt ist. Doch ein neuer Bagger kostet auf einmal 370.000 Euro – 100.000 mehr!“
Eine ähnliche Erfahrung habe man bei den Silofahrzeugen gemacht, die ebenso wichtig sind, wie eine gute Ersatzteilversorgung im Pelletwerk: Ohne die Fahrzeuge kommen fertige Holzpellets nicht zum Kunden. „Wenn Sie heute einen Silo-Auflieger bestellen mit Kompressor und allem, das benötigt wird, um die WWP ausliefern zu können, machen Sie eine ähnlich ‚interessante‘ Erfahrung: Der Auflieger, den wir 2021 bekommen haben, kostete noch 160.000 Euro – der neue, der in Kürze kommen soll, aber in Wahrheit vermutlich erst im nächsten Jahr geliefert werden kann, schlägt mit 221.000 Euro zu Buche… Die Sattelzugmaschine dafür ist nicht mehr für 88.000 Euro zu kriegen: Eine passende Dieselzugmaschine gibt der Hersteller nur noch für 115.000 ab“, sagt Mann, „die elektrische Version erfordert weitere 100.000 Euro mehr – wobei ein elektrischer LKW derzeit eigentlich 500.000 Euro als Preis hat, aber der Staat fördert die allerersten Innovatoren wie uns großzügig und gewährt Zuschüsse.“
Trotz der finanziellen Belastungen: Zwölf Silofahrzeuge sollen, Stand Sommer 2023, WWP durch die Region transportieren, davon sieben vollelektrisch, wie Markus Mann in Aussicht stellt. „Wir wollen so gut wie möglich darauf hinarbeiten, dass wir für unsere Energieversorgung möglichst keinen Cent mehr in Richtung Russland überweisen müssen – in Form von Diesel oder Gas, das wir verbrauchen. Das ist unser Ziel.“ Darum gebe man, neben dem ökologischen Aspekt, das Geld für E-LKW aus.
Apropos Geld: Die WWP verdienen nach den Ausführungen ihres Geschäftsführers erstmalig seit 23 Jahren wirklich etwas. „Wir sind jahrelang ‚hart am Wind gesegelt‘“, formuliert er. Das sei bis „kurz vor die Pleite“ gegangen.
Er habe sich von den jüngsten Erlösen indes keine Motorjacht gekauft, scherzt Markus Mann – sondern stattdessen zum Beispiel eine Wärmerückgewinnungsanlage für die Pelletpressen angeschafft. Die Investition dafür betrug allein fast eine halbe Million Euro.
Um aus den Holzspänen, die im benachbarten SEO-Sägewerk der WWP anfallen, Pellets zu machen, werden sie mit hohem Druck verpresst. Sie werden dabei mit dem Faktor eins zu sechs verdichtet. Durch den Vorgang entsteht Wärme – wie stets, wenn Material zusammengedrückt wird. Was, nebenbei, auch notwendig ist, damit die Pellets zusammenhalten. Mit 90 Grad Celsius verlassen die WWP die Presse anschließend – die Holzpellets haben in dem Moment also neben ihrem Brennwert auch eine Menge Wärmeenergie in sich. Damit sie lager- und transportfähig sind, müssen sie allerdings auf höchstens 30 Grad abgekühlt werden.
Die Differenz zwischen 90 und 30 Grad Temperatur der Pellets macht der neue Kontaktkühler nutzbar, der die Wärme aus den Pellets zurückgewinnt: Sie wird eingesetzt, um den Spänetrockner der WWP zu beheizen. Darin wird den Holzspänen vor dem Pressen Feuchtigkeit entzogen, 400 Liter je Tonne, da sie ohne diesen Schritt für die Weiterverarbeitung zu feucht wären.
Eine weitere Investition in Höhe von fast einer Million Euro, die mit den aktuellen Gewinnen möglich wurde, ist eine neue Trockenkammer, die gerade aus silbrig im gleißenden Sonnenlicht blitzenden Aluminiumwänden auf dem Betriebsgelände in Langenbach errichtet wird. Mit ihr wird eine erhöhte Fertigungstiefe erreicht: Die Produkte des WWP-Sägewerkes können damit veredelt werden, indem die Trocknung – ganz ohne Einsatz von Chemie wie bei einer Imprägnierung – die Haltbarkeit des Schnittholzes erhöht. Zudem verhindert die Temperaturbehandlung zuverlässig, das sich noch irgendwelche Käferlarven oder -eier in den Brettern befinden könnten.
Die neue Wärmerückgewinnung, die die heiße Luft aus den frisch gepressten Pellets für den Spänetrockner liefert, sorgt dafür, dass die zuvor für diese Anlage eingesetzte (AB-)Wärme aus dem WWP-eigenen Biomasse-Kraftwerk in der Trockenkammer genutzt werden kann.
Doch auch dessen ungeachtet, erscheint die Anschaffung des Kontaktkühlers sinnvoll: Vor seinem Einbau haben die Pellets bei ihrem Abkühlvorgang nämlich im Grunde Westerwälder Luft erwärmt. Die Energie ist „in den Himmel“ gegangen und so ohne Nutzung vernichtet worden. Der neue Wärmetauscher ist somit ein weiterer Baustein, der die Energieeffizienz – die in der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ausgerufenen „Zeitenwende“ eine gemeinsame Aufgabe für uns alle ist – ganz konkret bei der täglichen Herstellung der Westerwälder Holzpellets erhöht.