Wünsche an die nächste Bundesregierung

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (Mitte) ist gemeinsam mit der Bundestagskandidatin Dr. Tanja Machalet bei „MANN Naturenergie“ gewesen. Bei dem Besuch gab es zur Betriebsbesichtigung eine angeregte Diskussion über die Energiewende.

Der Besuch von Svenja Schulze (SPD) bei „MANN Naturenergie“ in Langenbach bei Kirburg ist natürlich auch Wahlkampf. Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist gemeinsam mit Dr. Tanja Machalet zum Westerwälder Grünstrom- und Pelletpionier gekommen, denn die in Dernbach geborene Machalet bewirbt sich am 26. September im Wahlkreis 204 Montabaur um einen Sitz im nächsten Deutschen Bundestag. Jedoch: Nach relativ kurzer Zeit ist Schulze mit dem Gastgeber Markus Mann in einem regen fachlichen Austausch über die Energiewende, der ein erfreulich sachliches Niveau hat.

Die Gelegenheit, der zuständigen Ressortleiterin und damit höchsten Repräsentantin des Staates in Umweltfragen einmal zu schildern, wo einen Energie-Unternehmer der ersten Stunde „der Schuh drückt“, lässt Markus Mann nicht ungenutzt: Beispielsweise betont der Windkraftneuerer – er errichtete immerhin bereits vor 30 Jahren ein Windrad vom Typ „AN-Bonus 150/30“ und damit die erste kommerzielle Windkraftanlage in ganz Rheinland-Pfalz, die bis heute problemlos mit voller Nennlast Ökostrom produziert –, dass seiner Meinung nach neue Konzepte wie das integrierte Lastmanagement in Stromnetzen, „bidirektionales Laden“ in der E-Mobilität oder eine vereinfachte Weitergabe von selbsterzeugtem Strom an Nachbarn oder Mitbewohner dringend nötig seien, um die Energiewende zu schaffen. Die Ministerin stimmt mit Mann überein, dass das Tempo des Umbaus im Energiesektor drastisch zu erhöhen ist: „Wir müssen in den nächsten 25 Jahren mindestens doppelt so schnell werden, wie in den letzten 25 Jahren, um CO2-frei zu werden“, sagt Svenja Schulze zum Ausbau der „Erneuerbaren“.

Die Bundesumweltministerin (links) diskutiert mit dem Ökostrompionier Themen, die ihm für seine weitere Arbeit wichtig erscheinen.

Markus Mann bemängelt, dass viel zu viel Bürokratie das Vorankommen in dieser Frage stark ausbremse. Er wünsche sich daher „von der nächsten Regierung“ Vereinfachungen der gesetzlichen Bestimmungen – beispielsweise rund um die CO2-Bepreisung oder Ein- und Ausspeisebedingungen sowie eine Reform des Energiewirtschaftsgesetzes insgesamt.

Die Bundesumweltministerin schildert, dass Genehmigungen für Grünstromprojekte sechs Monate Zeit gebraucht hätten, als Rot-Grün 2000 unter Bundeskanzler Gerhard Schröder das Erneuerbare Energiengesetz eingeführt habe. Heute jedoch, fügt Schulze kritisch an, dauere ein Genehmigungsverfahren sechs Jahre. „Wir haben sogar sieben Jahre gebraucht, um die Genehmigung für das Windrad unserer Wäller Energiegenossenschaft zu erhalten!“, kritisiert Markus Mann. Dabei seien mit dem Projekt vier Altanlagen abgebaut, dafür nur eine neue „Repowering“-Anlage errichtet worden. Die liefere zudem nun statt 800.0000 Kilowattstunden (kWh) Strom im Jahr satte acht Millionen und damit zehnmal soviel wie die vier alten Windräder zusammen („Sehr gut“, kommentiert Schulze).

„MANN Naturenergie“ versorgt rund 60.000 Menschen mit Wärmeenergie und deckt für 120.000 die Versorgung mit echtem Grünstrom ab. Den speichert das Unternehmen auch in einem Großspeicher aus „Secondlife-Batterien“, den Markus Mann der Ministerin und der Bundestagskandidatin (von rechts) hier erklärt.

Das „Peak Shaving“ im Areal-Netz von MANN, die Beschaffung von Holz über eine alte, zu reaktivierende Bahnstrecke, der Protest einer Ortsgemeinde dagegen: Es ist eine lange Liste von Themen und Stichwörtern, die beim ministeriellen Besuch in Langenbach erfreulich offen diskutiert werden. Die SPD-Politikerin sieht auch den Bedarf, gemeinsam zu neuen Ansätzen zu kommen, denn sie verweist unter anderem darauf, dass der Strombedarf noch zunehmen werde und allein die chemische Industrie 2030 das verbrauchen werde, was Deutschland derzeit insgesamt an Strom benötigt!

Im vergangenen Jahr seien alle Anlagen zu 99,75 Prozent der Zeit voll durchgelaufen, mussten also nahezu nie gebremst werden fürs „Peak Shaving“. Dennoch sei die Jahreshöchstleistung an Strom im Unternehmen durch die Maßnahme um 15 Prozent verringert worden.

Mann berichtet von aktuellen Bemühungen um die ersten beiden 40-Tonnen-Elektro-LKW, mit denen die „Westerwälder Holzpellets“ auch umweltfreundlich ausgeliefert werden sollen.

„Wir müssen raus aus diesen ‚Silos‘“, ist die Antwort von Svenja Schulze, wie sie die Dinge nach der Bundestagswahl zu beschleunigen gedenkt. Gemeint sei, dass das „Verkehrsministerium sein Ding macht, das Wirtschaftsministerium und viele andere“, die mit dem Klimawandel und seiner Bekämpfung irgendwie zu tun haben. Die Umweltministerin unterstreicht die SPD-Forderung, dass das Thema daher im Kanzleramt koordiniert wird. Die Verwaltung werde sich insgesamt stark verändern müssen – das gelte auf der Bundesebene ebenso wie kommunal. Alle Aufgaben seien außerdem nicht nur deutschland-, sondern europaweit zu koordinieren, solle die Energiewende gelingen.

In Langenbach, davon überzeugt sich Ministerin Svenja Schulze bei einem sehr ausgedehnten Betriebsrundgang zum SEO-Sägewerk, den Pelletpressen und dem Großspeicher aus „Second-life-Batterien“, wird an der Energiewende jedenfalls schon Tag für Tag überaus konkret gearbeitet.

Uwe Schmalenbach