2006 waren Pelletheizungen in Deutschland nicht allzu verbreitet: erst 70.000 derartige Brenner sorgten für Wärme. Doch im Stöffel-Park traf man schon seinerzeit die Entscheidung, die CO2-arme und damals noch recht neue Heizart einzusetzen – ausgerechnet in einem alten Gebäude, das für die frühere Industrieanlage eine herausragende Bedeutung hatte.
Es sollten Millionen Jahre vergehen, ehe die Bewohner einer armen Gegend, in der mittlerweile die Ortschaften Nistertal, Enspel und Stockum-Püschen liegen, Anfang des 20. Jahrhunderts damit begannen, den Basalt des Stöffels als wertvollen Baustoff abzubauen. Den Stöffel kennt hier im Westerwald jeder. Der einst fast 500 Meter hohe und durch den Basaltabbau „geschrumpfte“ Berg entstand, als nach einem Vulkanausbruch der Stöffel-See von einer dicken Lavaschicht bedeckt wurde, aus der beim Erkalten Basalt wurde.
25 Millionen Jahre dürfte es zurückliegen, seit die „Stöffel-Maus“ noch regelmäßig ihre Runden über dem bekannten Basaltvorkommen in Enspel gedreht hat. Doch noch immer ist der Gleitflieger im nach dem Berg benannten Stöffel-Park zu sehen – als Fossilienfund – und gilt als archäologische Sensation.
Längst ist der „Tertiär-, Industrie- und Erlebnispark“ eine Attraktion mit erheblich zahlreicheren und vielfältigeren Angeboten als „nur“ dem archäologischen Schatz! Sein in dieser Vollständigkeit einmaliges Ensemble historischer Bauten zum Beispiel wird unter anderem für Veranstaltungen von der Hochzeit bis zur Firmenpräsentation, als Kulisse für Foto- und Filmaufnahmen oder als Erlebnismuseum geschätzt.
Fast ein Jahrhundert lang war die Historische Werkstatt das Herzstück der Industrieanlage, wurden in der dortigen Stellmacherei und Schmiede doch von der Arbeit mit dem harten Gestein zerschlissene Werkzeuge und Maschinenteile repariert – unerlässlich für einen gesicherten Betriebsablauf im Basalt-Steinbruch!
In der Halle – in der nunmehr ein Erlebnisraum eingerichtet ist, der eine Hammerschmiede, eine Esse, eine über Transmission angetriebene Schlagschere, diverse Standbohrmaschinen, Drehbänke sowie das gesamte Inventar an Kleinwerkzeugen präsentiert – wird gerade wieder gearbeitet. Jedoch nicht mit Hammer und Amboss, sondern viel feinfühliger: Deutschlands wohl bekanntester Bluesmusiker Richard Bargel probt gemeinsam mit Fabio Nettekoven einige Stücke, die die zwei Saitenvirtuosen im Anschluss in der Kulisse der Historischen Werkstatt filmisch aufnehmen wollen. Das „Family Business“ getaufte Duo ist nicht zum ersten Mal im Stöffel-Park, schätzt die besondere Atmosphäre, die Optik des ungewöhnlichen Ortes, die Akustik.
„Wir müssen durchfeuern – es geht nicht, dass wir die Heizung zu irgend einem Zeitpunkt herunterfahren. Sonst ist im Winter keinerlei Veranstaltung mehr möglich in der Historischen Werkstatt“, flüstert Martin Rudolph, während Bargel seine Slide-Gitarre nachstimmt. Rudolph ist „Chef“ im Stöffel-Park, und solange sich die Musiker noch eingrooven, zeigt er eine Etage darunter, warum die Kreativen es trotz etlicher Zentimeter Schnee vor der Tür und draußen Temperaturen unter null gemütlich haben in dem großen Industriedenkmal: Unter ihnen werkelt im Heizungskeller unmerklich eine „KWB USV 50“. Der Pelletbrenner des österreichischen Herstellers „Kraft und Wärme aus Biomasse GmbH“ hat eine Nennwärmeleistung von 50 Kilowatt (kW). Als Brennstoff werden „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) aus dem nahen Langenbach verwendet, die im zum Bunker umfunktionierten Raum nebenan bevorratet werden. Eine Schnecke fördert die Pellets von dort zum Brenner.
Knapp 13 Tonnen Pellets benötigt der Stöffel-Park für seine Historische Werkstatt im Jahr (2020). „Wir heizen eigentlich selbst im Sommer“, erläutert Martin Rudolph, „denn wenn eine Feier stattfindet, eine Hochzeit etwa, müssen wir künstlich für Wärme sorgen – sonst friert die Hochzeitsgesellschaft spätestens abends um acht, wenn die Damen in schulterfreien Kleidern ruhig bei Tisch sitzen.“ So schön das Industriedenkmal sein mag: energetisch ist es eine Katastrophe! An Wärmedämmung hat vor 100 Jahren noch niemand gedacht oder an mehrfachverglaste Fenster; und schon gar nicht daran, dass Menschen späterer Jahrzehnte beim Musizieren und anderen, erheblich weniger schweißtreibenden Tätigkeiten als dem Schmieden zusätzlich eine Heizung benötigen könnten.
Die Optionen, eine einzubauen, waren allein aus Denkmalschutzgründen recht begrenzt, verdeutlicht Martin Rudolph: Heizkörper an die Wände zu schrauben, sei nicht möglich gewesen. Den wertvollen, geschichtsträchtigen Boden hätte man für eine Fußbodenheizung ebenso wenig aufstemmen dürfen. Die Lösung fand man in Form von schwarzen Heizsegeln unter der Decke: Sie beeinträchtigen den optischen Gesamteindruck nicht, zerstören keine historische Bausubstanz, „und sie liefern vor allen Dingen Strahlungswärme“, betont Martin Rudolph. Damit werde am Boden, auf Höhe der Besucher, kaum Luft verwirbelt, somit wiederum kein Staub, was die Örtlichkeit auch für Allergiker besonders geeignet mache.
Im so genannten „Tertiärum“, dem Kohleschuppen und der originellen „Erlebnis-Toilettenanlage“ des Stöffel-Parks sorgt eine Geothermie-Heizung für angenehme Temperaturen. Doch der Weg von dieser Anlage bis zur Werkstatt sei zu weit, die Verwendung von Geothermie dort nicht möglich gewesen, schildert der Stöffel-Park-Chef. „Dennoch ging es uns darum, alternative, erneuerbare Energien hier im Stöffel-Park einzusetzen, als wir 2006 eine Heizung eingebaut haben. Wir hatten das Glück, dass der Markus Mann mit seinen WWP damals schon die Zeichen der Zeit erkannt hatte und ein attraktives Angebot für die Belieferung mit Pellets machen konnte, als wir uns deswegen guten Gewissens für die KWB entscheiden konnten.“
Basalt, ein natürlicher Baustoff, hat lange den Alltag am Stöffel bestimmt. Daher passt eine Heizung, die Holz als ebenfalls „von hier“ stammendes sowie natürliches Material nutzt, wohl besonders gut zum Stöffel-Park. Abgesehen davon: Würde Martin Rudolph für Richard Bargel, Fabio Nettekoven und all die anderen Besucher und Nutzer der Historischen Werkstatt auf Gas als Wärmequelle setzen, so würde das im Jahr sage und schreibe zwölf Tonnen zusätzlichen CO2-Ausstoß bedeuten. Eine Ölheizung als Alternative würde gar 18.800 Kilogramm des klimaschädlichen Gases in die Luft über dem riesigen Basaltvorkommen pusten.
Zwischen 900 und 1.350 Grad heiß war einstmals das glühende Eisen, wenn es vom Schmied in der Werkstatt mit viel Geschick bearbeitet wurde. Ganz so hohe Werte kommen in dem wunderbaren Gebäude im Stöffel-Park heute nicht mehr vor. Aber eine angenehme Raumtemperatur, in der Musiker wie Richard Bargel sich trotz Schnees vor der Tür richtig wohlfühlen, die entsteht mit der CO2-armen Verfeuerung der „Westerwälder Holzpellets“.
Uwe Schmalenbach