Erklären und bewusst Entwicklungen anstoßen

Die Ladeboxen bei “EUROGREEN” in Rosenheim wurden von “MANN Naturenergie” installiert.

Irgendwann habe er sich gefragt, welchen persönlichen CO2-Fußabdruck er in 60 Jahren wohl verursacht habe, erzählt Thomas Peters. Und er habe nicht nur darüber nachdenken, sondern etwas tun wollen, so der Diplom-Agraringenieur. Als Geschäftsführer der in Rosenheim ansässigen Firma „EUROGREEN“ hat er dazu besonders im beruflichen Umfeld eine Reihe Möglichkeiten. Eine Kohlenstoffdioxid reduzierende Idee hat der Firma zuletzt den „Innovationspreis Rheinland-Pfalz“ des Wirtschaftsministeriums für einen „positiven Beitrag zum Klima- und Artenschutz“ eingebracht.

Lupinen brauchen selbst keinen Dünger und gelten als “Insektenweide”. Foto: EUROGREEN

Rasen, wie er zum Beispiel in Fußballstadien liegt, muss einiges aushalten. Damit die Halme einen sattgrünen „Sportrasen“ bilden, bietet „EUROGREEN“ eine Menge Produkte vom Saatgut, über Dünger, bis zum Mähroboter oder auch ein „Pflegeabonnement“ an (und etliches mehr, ebenso für Kommunen oder den GaLa-Bau), damit beispielsweise Fuß- oder auch Golfbälle immer perfekt rollen. 22 Düngemittel hat das Westerwälder Unternehmen im Programm, bislang fünf davon sind organischmineralische Produkte.

60 Mitarbeiter sind in Deutschland für das Unternehmen tätig, 20 in Tschechien, 15 in Österreich. Thomas Peters ist schon seit 1988 bei seiner heutigen Firma. Seine Motivation, sich mit CO2-Vermeidung zu befassen, sei „tatsächlich von der Diskussion angestoßen worden, die Greta Thunberg und der Video-Blogger Rezo angestoßen haben“.

Klar: Am Firmensitz in Rosenheim ließ sich kurzfristig einiges verändern, so werden seit einem Lampentausch in der Halle 30.000 kWh Strom im Jahr eingespart. 600 Rasenroboter hat „EUROGREEN“ angeschafft. „Wenn die mit Grünstrom laufen, vermeidet man pro Jahr eine Tonne CO2“, sagt Peters.

Thomas Peters befasst sich viel mit der Frage, wie perfekt Profirasen beschaffen sein muss.

Doch er wollte auch auf der Produktseite Veränderungen herbeiführen. Denn (konventionelle) Düngemittel sind nicht eben „Umweltschoner“: Ihr Gehalt an Langzeitstickstoff ist ein wichtiges Qualitätskriterium. Den hat „EUROGREEN“ über viele Jahre vor allem aus den USA importiert – was schon allein durch den Transport eine Menge CO2 emittiert hat. Abgesehen davon, dass die Düngemittelherstellung mit einem üppigen Chemieeinsatz einhergeht.

Thomas Peters wünschte sich Rasendünger, der aus organischem Material entsteht. Die (sonst übliche) Verwendung von Klärschlämmen, Tierexkrementen oder Schlachtabfällen kam indes nicht infrage – aus hygienischen Gründen etwa und auch, weil damit indirekt sogar die Massentierhaltung unterstützt werde.

Die Innovation, die bei „EUROGREEN den Namen „Lupigreen“ bekommen hat, besteht im Kern darin, dass anstelle des (synthetischen) Langzeitstickstoffs aus Übersee nun der Samen der Lupine verwendet wird. Die Lupine bauen zudem Bauern in der heimischen Region an, was Transportwege weiter reduziert. Die Pflanze ist in der Lage, mit Hilfe von „Knöllchenbakterien“ Stickstoff aus der Luft zu „verarbeiten“, einzulagern und so später für die zu düngenden Pflanzen verfügbar zu machen; „angetrieben“ wird dieser natürliche Prozess durch die Sonnenenergie! So führe „Lupigreen“ insgesamt zu einer bis zu 50-prozentigen Reduzierung des CO2-Fußabdrucks bei der Düngerproduktion, wie die bei „EUROGREEN“ für Marketing zuständige Stephanie Lauer herausstellt.

„EUROGREEN“ kämpft nach den Worten des Geschäftsführers gegen sehr viel größere Wettbewerber. Sehr beweglich zu sein, neue Ideen zu haben, sei da eine wichtige Zukunftsversicherung, betont Thomas Peters: „Wir sind Trendsetter durch unsere eigene Forschung und Entwicklung, die auch ‚Lupigreen‘ hervorgebracht hat.“ Und CO2-bewusst zu produzieren, sei eine „wichtige strategische Komponente für die Zukunft, die existenziell ist. Wir müssen sehr weit vorausdenken“, so der Agrarwissenschaftler. Denn möglicherweise könnte „EUROGREEN“ noch zehn Jahre einfach weiter konventionellen Dünger verkaufen, „aber nicht mehr 20 oder 30 Jahre lang!“

Nun fällt die Düngung mit „Lupigreen“ durchaus teurer aus als mit herkömmlichen Produkten. „Aber wir sollten es uns in unserem reichen Land leisten können, unseren CO2-Fußabdruck zu reduzieren“, argumentiert Peters. Im Garten- und Landschaftsbau zeichne sich bereits ab, dass man gegen „übel riechende Dünger aus Massentierhaltung“ punkten könne. Denn Kunden der Betriebe fragten diese ebenfalls verstärkt, was sie einsetzten. Nicht anders sehe es bei den Bürgern von Kommunen aus, die genauso zum Kundenkreis von „EUROGREEN“ zählen. Und „WOLF-Garten“ werde „Lupigreen“ aus Anlass seines 100-jährigen Bestehens als Lizenznehmer ins Programm einführen und über Gartencenter und Baumärkte ab der 2022er-Gartensaison ebenfalls für Endverbraucher anbieten.

Stephanie Lauer (links) und Jacqueline Lenz auf dem Versuchsfeld in Rosenheim, wo Rasenarten, Bewässerung, Düngung und Pflege getestet werden. Foto: Schmalenbach

Thomas Peters wollte wirklich etwas tun gegen immer mehr CO2, wie er noch einmal unterstreicht. Jüngst wurde darum auch die Dienstwagenrichtlinie von „EUROGREEN“ geändert, die vormals vorsah, dass (aus Kostengründen) allein Diesel gefahren werden müssen. Nunmehr sind ausdrücklich auch Hybrid- und E-Autos erwünscht. Mehr noch: Die Zuschüsse, die der Staat bei der Anschaffung von Elektrofahrzeugen gewährt, bekomme der

„EUROGREEN-Mitarbeiter“ von seinem Arbeitgeber als Förderung, um sich damit eine eigene Ladeinfrastruktur daheim aufbauen zu können.

Allzu viel Resonanz auf das Angebot gab es bei Redaktionsschluss laut Jacqueline Lenz, die für den Fuhrpark zuständig ist, indes noch nicht: „Das ist alles sehr erklärungsbedürftig, und wir müssen Überzeugungsarbeit leisten. Aber wir wollen bewusst Entwicklungen anstoßen – so wie mit unseren Produkten.“